Plattformen sind das erfolgreichste Business Model des laufenden Jahrhunderts und finden – nachdem sie bereits zahlreiche Konsummärkte nachhaltig verändert haben – Einzug in immer weitere B2B-Bereiche.
In einer jüngst veröffentlichten Studie einer Forschungsgruppe des Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft (HIIG) wurden branchenübergreifend 160 deutsche Plattformen identifiziert, die (auch) mittelständische Unternehmen als ihre Kunden gewinnen möchten. In Anbetracht der (historischen) Wirtschaftsleistung in Deutschland ist diese Zahl aber eigentlich zu gering. Und global dominieren amerikanische und asiatische Plattformen.
Eine Schockstarre ist dennoch nicht nötig, da die 160 deutschen Plattformen ebenso zeigen, dass „Plattformisierung“ auch in Deutschland geht. Wichtig ist allerdings, sich zunächst klarzumachen, was Plattform-Unternehmen auszeichnet, da die Logiken, nach denen das Geschäftsmodell funktioniert, grundlegend anders sind als bei Produkt-fokussierten Unternehmen.
In diesem Beitrag werden drei Unterschiede zwischen Plattform-Unternehmen und Nicht-Plattform-Unternehmen vorgestellt und durch konkrete Erfahrungen der d.velop platform veranschaulicht.
Unterschied 1: Einzelkämpfer unerwünscht – Plattformen leben von kooperativen Netzwerken
Im vielbeachteten Buch Platform Revolution unterscheiden die Autoren, Geoffrey G. Parker, Mashall W. Van Alstyne und Sangeet Paul Choudary, zwischen Plattformen und Pipelines. Pipelines sind „klassische Unternehmen“, in denen schrittweise Tätigkeiten (z.B. im Sinne einer Fertigung oder der Softwareentwicklung) unternommen werden, um Kunden ein Produkt oder Service anbieten zu können. Der Output am Ende der Wertschöpfungskette ist zugleich der potenzielle Mehrwert, den Pipelines bieten. Selbstverständlich gibt es Lieferanten oder Kooperationspartner. Dennoch entsteht die Wertschöpfung vornehmlich innerhalb des Unternehmens.
Bei Plattformen unterscheidet sich die Art der Mehrwertbereitstellung wesentlich von diesem linearen, geschlossenen Ablauf. Auf Plattformen kommt ein Ökosystem bzw. ein Netzwerk aus unterschiedlichen Akteuren zusammen, die jeweils ihren individuellen Teil zum Mehrwert beisteuern. Das Unternehmen, das die Plattform betreibt, legt die Spielregeln fest, nach denen mehrwertstiftende Interaktionen zwischen den unterschiedlichen Akteuren zustande kommen. Parker, Van Alstyne und Choudary sprechen in diesem Zusammenhang auch vom „invertierten Unternehmen“, da die internen Prozesse relativ in den Hintergrund geraten, Wertschöpfung aus dem Netzwerk beigesteuert wird und Koordination sowie Orchestrierung zwischen den unterschiedlichen Akteuren als wichtige, zusätzliche Aufgaben für das Plattform-Unternehmen hinzukommen. Plattformen sind also im Kern partizipatorisch und auf starke Beziehungen ausgelegt.
Wie wird dieser Unterschied bei d.velop gelebt?
Das d.velop competence network ist ein fester Bestandteil der d.velop. Seit vielen Jahren wird vertrauensvoll mit zahlreichen Partnern zusammengearbeitet. Aus diesem Grund ist auch „Trust“ das Motto des diesjährigen d.velop partnersummits, das aufgrund der anhaltenden Pandemie 2021 rein virtuell stattfinden wird. Im Zuge der Weiterentwicklung der d.velop Plattformstrategie gibt es seit kurzem mit App Buildern einen neuen Akteurstypus. Als d.velop haben wir ein umfangreiches Developer Portal aufgesetzt, in dem neben Anleitungen und zahlreichen Tipps auch unsere API-Dokumentationen zu finden sind. Damit haben wir die Wege geebnet, sodass App Builder ihr Knowhow in Form von buchbarer Software über die d.velop platform bereitstellen können und so das d.velop Portfolio komplementieren. Einer unserer frühen App Builder hat die eigene Sichtweise in diesem Blog geteilt: 1 Jahr App-Builder bei d.velop: Die ecm:one GmbH berichtet. Der nächste Hackathon findet am 22. Februar im Rahmen des Partner Summits statt.
Unterschied 2: Mehr Innovation, mehr Geschwindigkeit – Plattformen konzentrieren sich auf ihre Stärken, innovieren durch ihr Ökosystem schneller und können besser End-to-End-Prozesse abbilden.
Plattform-Unternehmen bekommen zwar mit der Orchestrierung des Ökosystems eine zusätzliche Aufgabe, die nicht unterschätz werden darf (s.u.), im Gegenzug bekommen sie aber auch die Möglichkeit sich stärker zu fokussieren. Immerhin muss nicht mehr ein Unternehmen allein alle Features und Lösungen bieten, die die Kunden wünschen. Stattdessen bieten viele Unternehmen kollaborativ ein Bündel aus unterschiedlichen Teilen an, die den Wert für Kunden bilden. So war Apples App Store mit Drittanbieterlösungen der entscheidende Vorteil, mit dem sich das erste iPhone gegen die Platzhirsche durchsetzen konnte. Nokia und Co. hatten keine Möglichkeit das geschaffene Netzwerk an App Entwickler rund um das iPhone zu kopieren, sodass es zwar schnell nach dem ersten iPhone zahlreiche Geräte gab, die sich ebenfalls per Touchscreen bedienen ließen, aber keine Geräte mit vergleichbarem Umfang an Funktionen und optionalen Apps.
Viele Plattformen sind um bestimmte Kernangebote herum aufgestellt und bieten offene Infrastrukturen, auf die Entwicklungsteams aufbauen können, um das Angebot zu ergänzen. Wie das vorherige Beispiel schon zeigt, können Plattform-Unternehmen sich auf das Kernangebot konzentrieren und bei Lösungen für spezielle Nachfrager oder besonderen Funktionen auf das Netzwerk bauen. Damit schaffen Plattform-Unternehmen für ihre Kunden folgende Vorteile:
- Das Kernangebot wird verbessert.
- Zusammen mit dem Netzwerk werden mehr Funktionen und Lösungen angeboten.
- Die Innovationsgeschwindigkeit steigt.
- Vollständige End-to-End-Prozesse sind möglich.
Die Vorteile für Entwicklungsteams, die die Plattform nutzen, sind:
- Es muss nicht mehr alles selbst geschaffen werden, sondern es kann auf etablierte Funktionen des Plattform-Unternehmens zurückgegriffen werden.
- Das Go-to-Market verkürzt sich.
- Man kann mit seiner Funktion Teil eines End-to-End-Prozesses werden und so von den Synergien profitieren.
Wie wird dieser Unterschied bei d.velop gelebt?
Bei d.velop geht es um die Arbeit mit Dokumenten und die Digitalisierung von Geschäftsprozessen. Daher ist das Kernangebot unser Dokumentenmanagement-System, das unter dem Namen d.velop documents als SaaS-Angebot genutzt werden kann und von uns kontinuierlich weiterentwickelt wird. Durch unsere App Builder gibt es bereits heute zahlreiche Möglichkeiten, auf Knopfdruck noch mehr aus dem DMS herauszuholen:
- Bei Ihnen ist das Management von Verträgen ein Problem? ▶ Tipp: alphaflow | Vertragsmanagement
- Zudem soll die Vertragserstellung effizienter ablaufen?
- Sie möchten Ihre Kundenkommunikation verbessern und effizient digitale Dokumente einholen?
- Sie benötigen (zusätzliche) Eingangskanäle, die speziell auf Rechnungen ausgelegt sind? ▶ Tipp: GetMyInvoices
- Dokumente, die in Ihrem ERP-System erstellt werden, sollen leichtgewichtig aber dennoch automatisiert ins DMS überführt werden? ▶ Tipp: ecm:one ERP documents
Das Gute, alle Lösungen teilen sich eine gemeinsame Basis, sodass beispielsweise Benutzer nur einmal angelegt werden müssen. Richtig spannend wird es natürlich, wenn man die einzelnen Bausteine geschickt miteinander verbindet. Wie wäre es mit Westphalia Forecast die Nachfrage zu prognostizieren und die Bestellungen entsprechend zu tätigen, die resultierenden Rechnungen mit d.velop smart invoice zu verarbeiten und mit LD connect für DATEV Rechnungswesen die Buchhaltung zu automatisieren? Damit wäre man schon sehr nah an einem ganzheitlichen Purchase-to-Pay-Prozess. Diese kleine Auswahl zeigt, welche Möglichkeiten Plattform-Unternehmen durch ihr Ökosystem bieten.
Unterschied 3: Vertrauen ist die Basis – Plattformen bieten jungen Unternehmen die Möglichkeit, Kunden zu erreichen. Und Kunden haben immer auch das Plattform-Unternehmen als Ansprechpartner.
Koordinieren und orchestrieren bedeutet bei Plattform-Unternehmen auch kuratieren – also eine sorgsame Auswahl der weiteren Anbieter im Netzwerk vorzunehmen. Immerhin empfehlen sie in gewisser Weise ihren Kunden mit den weiteren Akteuren im Ökosystem eine Beziehung aufzubauen. Macht das Plattform-Unternehmen seine Arbeit richtig, ist dies für alle Beteiligte gut: Kunden können innovative Lösungen nutzen, auf die sie aufgrund einer fehlenden Geschäftsbeziehung und einer eventuell kurzen Unternehmenshistorie des Drittanbieters vielleicht nicht gekommen wären. Der Drittanbieter profitiert, da das Vertrauen zwischen Kunden und Plattformanbieter teilweise auf den Drittanbieter überschwappt. Plattform-Unternehmen brauchen somit jedoch nicht nur ein Code of Conduct für sich selbst und die eigenen Mitarbeiter, sondern auch Regeln für die weiteren Akteure im Ökosystem.
Wie wird dieser Unterschied bei d.velop gelebt?
Bei d.velop kommt keine App in den d.velop store, die nicht im Rahmen eines definierten Prozesses hinsichtlich mehrerer Kriterien durchleuchtet wurde. Allem voran steht bei uns der Aspekt Datensicherheit, da wir bei d.velop mit wichtigen Dokumenten und Daten unserer Kunden zu tun haben. Diesbezüglich gelten für unsere App Builder die gleichen Regeln, die auch für unsere eigenen Entwicklungsteams gelten und in unseren Security Guidelines festgehalten sind. Ebenso wichtig ist es, dass wir alle App Builder persönlich kennen. Wir gehen mit unseren Partnern und App Buildern Beziehungen ein, die auf Langfristigkeit ausgelegt sind. Deshalb legen wir großen Wert darauf, dass man bei den Grundwerten, wie bspw. Kundenzentrierung und partnerschaftliches Agieren, möglichst gleiche Positionen vertritt.
Der Wandel hin zu einem Plattform-Unternehmen erfordert Umdenken, etwas Geduld, die Bereitschaft ausgetretene Pfade zu verlassen und neue Beziehungen einzugehen. Aus Sicht der d.velop AG lässt sich aber das Fazit ziehen, dass sich die Reise lohnt.
Ich würde mich freuen, wenn auch Sie Teil der d.velop platform werden würden und uns als Partner, App Builder, Kunde oder in allen drei Rollen gleichzeitig auf dieser Reise begleiten.