Bei der Prüfung neuer Dokumente, wie Verträgen, sind oft die Details entscheidend. Automatisch auf Basis von Zeichenfolgen und Keywords Texte zu vergleichen, spart bereits viel Zeit. Doch was tun, wenn sich der Wortlaut in den Dokumenten unterscheidet?
Hier kommt die semantha Compare App für den Textvergleich ins Spiel. Wie diese entstanden ist, welche Use-Cases die Lösung abdeckt und was in Zukunft geplant ist, verriet Abdelmalik El Guesaoui, einer der Gründer von thingsTHINKING, im Interview.
Von der Idee zur Realität: Die Mission von thingsTHINKING
d.velop blog: Wer ist thingsTHINKING?
Abdelmalik El Guesaoui: Wir haben vor sieben Jahren thingsTHINKING zu viert gegründet – letztendlich aus einem Spin-off vom KIT in Karlsruhe. Zwei Co-Founder haben am KIT rund um maschinelles Learning geforscht. Daraus hat sich dann die KI-Plattform „semantha“ für den Textvergleich entwickelt. In den vergangenen Jahren haben wir viele Kunden und auch Partner dafür gewinnen können, sich mit dem Thema Textvergleich intensiver zu beschäftigen.
d.velop blog: Was ist die Mission und Vision bei thingsTHINKING?
Abdelmalik El Guesaoui: Vor sieben Jahren sind wir „naiv“ gestartet und davon ausgegangen, dass die Welt auf eine semantische Plattform wartet, die unstrukturierte Daten analysieren und deren Bedeutung extrahieren kann und somit einen Textvergleich vereinfacht. Aber letztendlich hat die Realität gezeigt, dass es noch ein langer Weg bis dahin ist. In der Anfangszeit haben wir uns sehr viel mit der Ausbildung der Mitarbeitenden und auch der Kunden beschäftigt. „Was heißt KI?“, „Wie weit kann man damit gehen?“ waren klassische Fragen. Dann kam der Zeitpunkt, wo wir ausreichend Erfahrung gesammelt haben und wussten, wie wir KI-Funktionalität generell anwenden, sodass sie auch den Anwendern einen Mehrwert bringt. Und da sind jetzt – auch im Zuge des ganzen GenAI-Hypes und der LLMs – beim Textvergleich solche Aspekte akut, wie die KI-Funktionalitäten ins Daily Business von den Mitarbeitenden integriert werden können. Das ist unser Ziel und unsere Vision. Funktional und technologisch ändert sich das von Jahr zu Jahr, weil die Möglichkeiten eines Textvergleichs immer besser werden. Wirklich entscheidend ist die Integration, sodass die Mitarbeitenden die KI-Lösung nicht wie das nächste Tool sehen, das eine weitere Belastung für die Arbeitsprozesse darstellt, sondern den Textvergleich als Produktivitätsgewinn sehen.
Smarter Dokumentenvergleich: Verträge mit KI automatisch analysieren
thingsTHINKING und d.velop: Eine Partnerschaft für den Textvergleich
d.velop blog: Warum habt ihr euch dazu entschieden, zum Vergleichen von Texten App Builder von d.velop zu werden?
Abdelmalik El Guesaoui: Im Wesentlichen gibt es zwei Gründe. Der Hauptgrund ist, dass semantha für die Generierung von Insights Daten zum Analysieren braucht. Im DMS sind diese für einen Textvergleich verfügbar und in der Regel unstrukturiert. Darauf aufzusetzen ist genau unser Metier, weil wir selbst keine Integration bieten, sondern der Kunde über unsere REST-API selbst bauen und integrieren musste. Daher haben wir uns entschieden, in den DMS-Bereich zu investieren. Hinzu kommt natürlich die Nähe. Es ist von Vorteil in Deutschland die Kontakte und ein cooles Team auf eurer Seite zu haben. Wir haben einfach gemerkt, dass euch das Thema Textvergleich interessiert, dass ihr es pusht und gleichzeitig auch Sachen fordert. Das ist genau unsere Wellenlänge, weshalb wir uns entschieden haben, in das App Builder Programm einzutreten und somit die Kundenbasis auch mit weiteren Funktionen zu beglücken. Da wird neben dem Textvergleich auch noch eine Menge in Zukunft kommen.
Textvergleich im Dokumentenmanagement-System
d.velop blog: Mit welchen technischen Anwendungen bzw. mit welcher Software unterstützt ihr das d.velop competence network?
Abdelmalik El Guesaoui: Das Startangebot ist ein semantischer Vergleich von Dokumenten – also ein Textvergleich – insbesondere von Vertragsdokumenten. Man kennt die Situation, dass während eines Verhandlungsprozesses eine neue Dokumentversion vorgelegt wird. An dieser Stelle bieten wir mit semantha für einen Textvergleich eine integrierte Lösung im DMS an.
Es wird direkt angezeigt, was sich im Dokument geändert hat – und zwar nicht nur auf Wortebene, sondern auf der semantischen Ebene. Dafür wird im Hintergrund mit einem Sprachmodell die Semantik extrahiert. Auf Basis dieser Semantik können ähnliche Abschnitte gefunden und Änderungen nachvollzogen werden. Diese Möglichkeit eines Textvergleichs besteht auch sprachübergreifend. Das heißt, man hat vielleicht ein Dokument in Englisch bekommen, hat aber Verträge vorliegen, die in der Vergangenheit auf Deutsch akzeptiert wurden. Auch in einem solchen Fall hat man die Möglichkeit, zu schauen, was sich ähnelt, um Zeit zu sparen.
Unterstützt wird der Textvergleich, indem eine Datenbank mit akzeptierten Klauseln sowie mit Klauseln, die nicht akzeptiert werden dürfen, aufgebaut werden kann. Das Bereitstellen dieses Wissen ist eine der Kernfunktionen von semantha. Und wir kümmern uns darum, das zu generalisieren und aus dem Kontext in d.velop documents zugreifbar zu machen.
Use-Case: Textvergleich in Vertragsverhandlungen
d.velop blog: Für welche Anwendungsfälle eines Textvergleichs wird semantha Compare von euren Kunden genutzt?
Abdelmalik El Guesaoui: Ein Einstiegs-Use-Case ist etwa eine Vertragsverhandlung während eines Lieferanten-Onboardings. „Was sind die Konditionen?“, „Welche Klauseln gibt es?“, „Sind da irgendwelche Risiken enthalten?“ So kann durch den Textvergleich kontinuierlich eine Bewertung über den Verlauf der Verhandlung vorgenommen werden und es lässt sich die abschließende Version mit der zuletzt gelesenen Version vergleichen.
Darüber hinaus geht es auch um das Wissen, das man im DMS in der Vergangenheit schon analysiert hat und mit welchem ein Textvergleich möglich ist. Dieses Wissen kann dann wiederverwendet werden, um neue Verträge oder neue Dokumente zu prüfen. Gleiches gilt auch bei Anforderungsanalysen. Anforderungen hat man in der Vergangenheit (mit einem Kommentar) akzeptiert. Diese früheren Entscheidungen können letztendlich wiederverwendet werden, um neue Anforderungen zu prüfen. Das sind die klassischen Use-Cases eines Textvergleichs aus dem Vertragswesen, mit denen viele Kunden starten. Aufbauend gibt es weitere Ansätze eines Textvergleichs, z.B. in Excel Prüfungen durchzuführen, wenn das notwendig ist.
Gemeinsam mit der d.velop Community wachsen
d.velop blog: Wovon profitiert ihr dank der Partnerschaft mit d.velop?
Abdelmalik El Guesaoui: Ich denke, das Level zu halten, das wir bereits erreicht haben, ist schon cool. Es wäre richtig gut, wenn wir die Themen wie den Textvergleich weiter in der d.velop Community platzieren. Zusätzlich sehen wir ein Riesenpotenzial, da wir jetzt die ersten Feedback-Runden von Kunden einfließen lassen können. Das heißt, dass wir den Textvergleich iterativ verbessern und neue Funktionen einbauen. Die Erwartungshaltung ist, dass sich die Lösung weiterentwickelt: von GenAI-Funktionalitäten bis hin zu anderen Themen rund um Tabellenerkennung, Bildererkennung und Bildervergleich. Aus der Community – also von d.velop Kunden und Partnern – kommen Erwartungen und Anforderungen über den Textvergleich hinaus, die wir jetzt über die Zeit zusammen angehen werden.