Wasserverbände übernehmen wichtige Aufgaben für den Staat. Da sie zu den kritischen Infrastrukturen zählen, unterliegen sie als Körperschaften öffentlichen Rechts besonders strengen Dokumentationspflichten. Es ist einer der Gründe, warum der Verband bereits seit zehn Jahren auf d.velop documents als Dokumentenmanagement-System (DMS) setzt. Bei den d.velop public sector days 2023 stellten Britta Schaake, IT-Projektleiterin der EGLV (Emschergenossenschaft und Lippeverband), und Alexander Zirl, CDO bei der d.velop, gemeinsam vor, wie die EGLV mit einem Software-Roboter (Robotic Process Automation, auch RPA, Robot RPA oder Bot RPA) automatisierte Testings nach Software-Updates und Konfigurationsänderungen durchführt, um zeitsparend und fehlerfrei die Funktionalität von digitalen Geschäftsprozessen zu gewährleisten.
Wer sind Emschergenossenschaft und Lippeverband (EGLV)?
Bei der Emschergenossenschaft und dem Lippeverband (EGLV) handelt es sich um Wasserverbände im Ruhrgebiet mit Verwaltungssitzen in Essen (Emschergenossenschaft) und Dortmund (Lippeverband). Sie sind zuständig für die Bewirtschaftung beider Flüsse, hauptsächlich durch den Betrieb von Kläranlagen. Überdies unterhält die EGLV Pumpwerke im Ruhrgebiet, um Ewigkeitslasten aus dem Bergbau zu erfüllen. Hinzu kommt der Hochwasserschutz, einschließlich der Errichtung und Wartung von Deichen und der Renaturierung von Gewässern. Ein Beispiel: das Generationenprojekt Emscher-Renaturierung. Insgesamt ist die EGLV zuständig für den gesamten Wasserkreislauf in einem Gebiet mit 3,6 Millionen Einwohnern.
Ausgangslage: Funktionalität digitaler Prozesse nach Updates
Die EGLV ist als Verband mit vielen verschiedenen Standorten darauf angewiesen, dass ihre digitalen und IT-basierten Geschäftsprozesse und Anwendungsfälle auch nach Software-Updates und Konfigurationsänderungen verlässlich funktionieren. „Damit wir das Versprechen unserer Service-Level Agreements gegenüber den Anwender:innen einhalten können, ist das Abarbeiten von Testkatalogen vor den Go-Live-Updates erforderlich“, erklärt Alexander Zirl.
Abarbeitung von Testkatalogen zeitintensiv und fehleranfällig
Allerdings sind diese Testkataloge nicht selten umfangreich, weshalb eine Abarbeitung oft zeitintensiv ist. „Zudem ist sie wegen der manuellen Durchführung, teils unter Zeitdruck, fehleranfällig – und manchmal auch unvollständig“, führt Zirl weitere Herausforderungen an und schildert: „Bei der EGLV haben wir uns nur einen Teil des Testkatalogs angeschaut. Da ging es um den Vergabeworkflow und den Verfügungsworkflow. Allein dabei gab es schon mehr als 40 Testfälle.“
Verkürzte Durchlaufzeiten mit Vergabe-Workflows
„Wir von der IT versuchen, diesen Prozess des Testens bestmöglich zu unterstützen und zu digitalisieren. Damit haben wir vor rund zehn Jahren mit der Anschaffung des Dokumentenmanagement-Systems d.velop documents begonnen“, blickt Britta Schaake, IT-Projektleiterin bei der EGLV, zurück. Dazu habe man bereits sogenannte Vergabe-Workflows implementiert, was wichtig sei, da man über mehrere Standorte hinweg arbeite. „Pumpanlagen und Klärwerke müssen bedient werden“, sagt die IT-Fachfrau, „und so können wir die Durchlaufzeiten extrem verkürzen.“ Sie nennt einige Vorteile des digitalen Vergabe-Workflows: „Uns bleiben zum Beispiel Postwege erspart und es gehen keine Dokumente mehr verloren.“
E-Government-Gesetz NRW: alle Verwaltungsabläufe digitalisieren
„Was die ganze Notwendigkeit jetzt noch verstärkt, das Testing zu automatisieren, ist das E-Government-Gesetz NRW, unter das wir auch fallen“, betont Britta Schaake. Denn seit 2021 besteht das Ziel darin, „Schritt für Schritt das elektronische Durchführen von Verwaltungsaufgaben zu ermöglichen, bis hin zur Einführung eines Aktenplans eAkte.“ Bis Ende 2025, führt sie aus, sei die Aufgabe, alle Verwaltungsabläufe zu digitalisieren.
Die relevanten Bausteine für die EGLV im E-Government-Gesetz NRW
- E-Langzeitspeicherung
- Qualifizierte E-Signatur
- E-Workflows/Laufmappen
- E-Verwaltungsverfahren
- E-Akte (Sachakten)
- E-Kollaboration
- E-Fachverfahren (Fallakten, Personalakte, Mitgliedsakte, Bestellakte, Anlagen-Bestandsdokumentations-Akte)
- Aufgabenbezogener Aktenplan
Die E-Fachverfahren werden bei der EGLV bereits im Dokumentenmanagement-System abgelegt: „Vieles davon muss innerhalb von Workflows aktualisiert, freigegeben und genehmigt werden“, erklärt Britta Schaake. Dazu gehören etwa die Freigabe-Workflows für die Vergabe- und Beschaffungs-Unterlagen, an denen mehrere Personen beteiligt sind und die automatisiert zu ihnen gelangen.
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Forderung: Wirtschaftliche Test-Automatisierung
Das bisherige Fazit bezüglich der genutzten Workflows in d.velop documents fällt bei Britta Schaake durchaus positiv aus: „Wir haben eine gute Akzeptanz und intensive Nutzung der Workflows“, resümiert sie. Und dennoch bleibt eine Herausforderung: „Von der IT-Abteilung haben wir die Anforderung bekommen, eine Ausfallsicherheit und Stabilität des Systems zu garantieren, und zwar insbesondere auch nach Updates.“ In den vergangenen 10 Jahren habe man immer wieder Phasen durchlaufen, in denen gut getestet werden musste, damit der Betrieb nach Updates noch immer reibungslos funktioniert.“
Testaufwände in verschiedenen Testabteilungen wurden immer höher
Die Anforderungen implizierten eine fundierte Qualitätssicherung nach Weiterentwicklungen oder System-Updates. „Die Testaufwände in verschiedenen Testabteilungen wurden immer höher“, erklärt Schaake. „Wir brauchten immer mehr Tester, weil immer mehr Fachverfahren dazukamen und die IT-Abteilung es allein nicht mehr testen konnte.“ Schon seit Jahren, betont sie, sei man auf der Suche nach automatisierten Test-Tools gewesen. „Das aber war nicht richtig gelungen, weil der Aufwand für die Implementierung immer recht hoch war.“
d.velop und EGLV probieren einen neuen Software-Roboter-Ansatz
Gemeinsam mit d.velop machte sich die EGLV schließlich auf den Weg, um einen neuen Ansatz auszuprobieren. Die einzige Forderung: „Wir brauchten eine wirtschaftliche Lösung zur Testautomatisierung.“ Das bedeutet: Sie durfte nicht so teuer sein, dass man den Nutzen nicht mehr rechtfertigen kann.
Ziel: Reduzierte Testaufwände bei hoher Testabdeckung
Das Ziel bestand in einer Reduzierung der Testaufwände bei gleichbleibend hoher Testabdeckung. Jegliche Qualitätsverluste galt es in diesem Zusammenhang zu vermeiden. Alexander Zirl erklärt, was die aktuelle Lösung ist und wie sie zustande kam: „Es gibt zahlreiche Anbieter wie UIPath oder MS Power Automate Desktop am Markt. Was wir aber nicht wollten, ist 60 Tage zu investieren, um erst mal den richtigen Anbieter zu finden.“ Man habe schnell starten wollen, auch wegen der Unsicherheit, ob die anvisierte Lösung überhaupt zufriedenstellend funktionieren werde.
EGLV und d.velop entscheiden sich für MS Power Automate Desktop
„Wir haben uns für MS Power Automate Desktop entschieden“, so der d.velop CDO weiter, „Der Hauptgrund bestand darin, dass die Lösung schnell zugänglich war, denn die EGLV und d.velop hatten die Plattform bereits im Einsatz.“ Man habe also direkt mit der Lösungsfindung starten können. „Wir haben gesagt: Wir probieren das jetzt aus und schauen, wie weit wir kommen.“ Dafür habe man sich den „Vergabeworkflow exemplarisch ausgesucht, der auf der Basis von d.velop documents und unserer Workflow-Technologie umgesetzt worden ist“, verrät Alexander Zirl und beschreibt die Arbeitsoberfläche.
Software-Roboter erledigt Automatisierungsschritte sukzessive
„Das Power-Automate-Desktop funktioniert ein bisschen wie ein Lego-Baukastensystem. Links findet man die Aktionen, etwa ‚d.velop documents öffnen‘ oder ‚ein Dokument ablegen‘. In der Mitte können dann die Arbeitsschritte wie Lego-Bausteine in der Automatisierungsreihenfolge hinterlegt werden.“ Ein Roboter erledigt dann nach und nach die Arbeitsschritte. Ein Workflow besteht etwa darin, dass ein Dokument abgelegt werden soll. Zeitgleich kann der Robot-RPA-Software beispielsweise automatisch eine Anfrage an eine:n Mitarbeiter:in senden. So können Testfälle, die etwa in einem Excel-Sheet hinterlegt sind, sukzessive abgearbeitet werden.
Robotergesteuerte Prozessautomatisierung kann Reports erstellen
Damit aber nicht genug: Denn die robotergesteuerte Prozessautomatisierung verfügt über eine weitere essenzielle Funktion. Sie kann Reports erstellen, die Auskunft darüber geben, wie viele Testfälle erfolgreich waren, wie oft sie gelaufen sind und welche vielleicht nicht erfolgreich waren. Das hilft schlussendlich bei der Frage, warum sie möglicherweise nicht erfolgreich waren. „So kann man sehen, wie oft die Robotic Process Automation genutzt wird und wie erfolgreich sie ist“, sagt Zirl.
Was ist ein Software-Roboter?
Doch was genau ist ein Software-Roboter eigentlich? Alexander Zirl weiß: „Es ist keine Technologie, die sich bisher flächendeckend verbreitet hat.“ Robotic Process Automation sei ein Teilbereich der Hyperautomation, die eine systemübergreifende Verbindung und Automatisierung von Prozessen charakterisiere. „RPA“, erklärt er, „legt den Fokus am meisten auf die Aufgabenautomatisierung.“
Besonders für wiederkehrende, repetitive Aufgaben geeignet
Und diese Aufgabenautomatisierung eignet sich besonders für wiederkehrende, repetitive Aufgaben wie die Eingabe von Daten, zum Beispiel Personaldaten, in Systeme. Die Grundidee von Software-Robotern ist die Arbeitsentlastung durch Automatisierung. Die größten Vorteile bestehen darin, dass sie Automatisierung auch für Nicht-Informatiker möglich macht. „Bei dem EGLV-Projekt haben wir eine Menge Erfahrungen gesammelt und festgestellt, dass man 70 bis 80 Prozent davon ohne einen Informatiker schaffen kann.“ Dann aber, für die letzten 20 Prozent, benötige man schließlich doch einen.
Es gibt 3 Formen von Process Robotics
Laut Forschung der FH Münster gliedert sich Process Robotics in drei Formen von RPA. Diese unterscheiden sich im Wesentlich in ihrem Grad der Komplexität und ihrem Automatisierungsgrad. Konkret heißt das:
- Attended RPA: Automatisierung von Bildschirmaktivitäten, Interaktion mit Menschen, Verarbeitung strukturierter Daten.
- Unattended RPA: Steuerung durch Bots, Automatisierung von End-to-End-Prozessen, Kontrolle und Management der Bots
- Intelligent RPA: Integration von KI, maschinellem Lernen und Verarbeitung von Sprache, Verarbeitung unstrukturierter Daten
Die RPA-Implementierung, die d.velop und EGLV vorgenommen haben, fällt in die erste Kategorie.
Automatisierte Tests: Erste Ergebnisse der Software positiv
„Der erste Eindruck war absolut begeisternd“, sagt Britta Schaake, „insbesondere weil man sehen konnte, was auf der Ebene des User-Interfaces schon alles automatisierbar ist. Das hatten wir bis dahin so noch nicht gesehen.“ Sogar Drag-and-Drop sei möglich gewesen. „Ich brauche also kaum noch Personen, die irgendwelche Eingaben an den Interfaces machen.“ Das erste Ergebnis kann sich also sehen lassen. Es hat sämtliche Anforderungen erfüllt:
- Deutliche Reduzierung der Testaufwände in der IT-Abteilung ohne Qualitätsverluste
- Konzeptionierung einer wirtschaftlichen Lösung zur Testautomatisierung ist gegeben (4 Tage für Konzept und Implementierung bei bisher einem Workflow (Beschaffungsunterlagen)
Gemeinsame Reise mit d.velop längst nicht beendet
Britta Schaake weiß aber auch: „Die gemeinsame Reise ist noch nicht zu Ende. Wir haben erste Versuche gemacht, die überzeugend waren, aber wir müssen das, was wir als Software-Roboter-Prototypen entworfen haben, noch auf andere testintensive Workflows und Anwendungsbeispiele übertragen.“ Sie zeigt sich optimistisch, dass es „einfach sein wird“, die Beschäftigten in die Prozessdigitalisierung, -optimierung und Workflow-Automatisierung einzuweisen, weil dafür einfach keine tiefen Entwicklungskenntnisse erforderlich sind. Die ausstehenden Aufgaben sind also klar definiert:
- Übertragung der Konzeptionierung auf weitere testintensive Workflows und Anwendungsfälle
- Einweisung von internen Mitarbeiter:innen und Aufbau von internem Know-how
- Automatisierte Überführung in den Betrieb: Sofortige automatisierte Tests nach Updates oder Weiterentwicklungen und Dokumentation mit Testergebnissen
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Desktop- und Web-Applikationen automatisieren
Der Klassiker bei der Workflow-Automatisierung sind Anwendungen, die sich täglich oder wöchentlich in immer derselben Weise wiederholen. Alexander Zirl kennt aber noch andere Anwendungsgebiete: „Möglich ist es aber auch, einmalige Vorhaben mit hohem manuellem Aufwand zu automatisieren.“ Er stellt ein Beispiel aus dem d.velop-Kosmos vor, das dort praktisch angewendet wurde: die Erstellung von Dokumenten mit individuellen Kunden-Angeboten, einschließlich Zusendung eines Links und Ablage der Dokumente im DMS. „Das war ein automatisierter Prozess, der systemübergreifend mit Beginn im CRM und Ende in DMS umgesetzt wurde.“ Das Resultat: „Wir hatten eine gute Datenlage, weil niemand mehr manuell Dokumente einpflegen musste.“ Insgesamt, so Zirl, sei eine Menge möglich. Denn: „Sowohl Desktop-Applikationen als auch Web-Applikationen sind automatisierbar.“
Gesamter Vortrag im Video
FAQs
Software-Roboter sind eine Technologie, die es ermöglicht, repetitive Geschäftsprozesse durch Software-Roboter zu automatisieren, indem sie menschenähnliche Interaktionen mit digitalen Systemen ausführen. Diese Roboter können auf Benutzeroberflächen zugreifen, Daten verarbeiten und Aktionen durchführen, um menschliche Aufgaben zu automatisieren.
Software-Roboter sind keine künstliche Intelligenz (KI). Es handelt sich dabei um eine automatisierte Technologie, die wiederkehrende, regelbasierte Aufgaben ohne die Fähigkeit zur eigenständigen Anpassung oder Entscheidungsfindung durchführt.
Software-Roboter sind sinnvoll, wenn repetitive, regelbasierte Aufgaben in Geschäftsprozessen automatisiert werden sollen, um Effizienz zu steigern. Sie eignen sich besonders gut für Tätigkeiten mit klaren Strukturen und geringem Entscheidungsspielraum.