Immer mehr Investoren und Kunden verlangen nachhaltige Finanzlösungen und erwarten, dass Finanzdienstleister ihre Geschäftspraktiken im Einklang mit der Umwelt und der Sozialgesellschaft ausrichten. Als Finanzdienstleister ist es daher entscheidend, die Anforderungen und Best Practices im Bereich Sustainable Finance zu verstehen.
Sustainable Finance auf dem Prüfstand
Obwohl der Begriff Sustainable Finance von wichtiger Bedeutung für die Zukunft der Finanzwirtschaft ist, hat er sich durch den „Nachhaltigkeitstrend“ in den vergangenen Jahren immer mehr zu einem Marketing-Schlagwort entwickelt. Oft wird er verwendet, ohne zu wissen, was es eigentlich bedeutet, ein nachhaltiges Finanzunternehmen zu führen. Also was verbirgt sich hinter dem Begriff Sustainable Finance und welche Forderungen der Europäischen Union (EU) für die Finanzwirtschaft verstecken sich dahinter?
In diesem Blogartikel räumen wir mit dem Begriff Sustainable Finance auf, erklären dir, was man darunter versteht und wie du Sustainable Finance Strategien konkret in deinem Finanzdienstleistungsunternehmen etablieren kannst.
Was ist Sustainable Finance?
Sustainable Finance, oder deutsch: Nachhaltigkeit im Finanzsystem, bezeichnet den Einbezug von Umwelt-, Gesellschafts- und Unternehmensführungsaspekten. Vielleicht hast du diese Philosophie schon einmal unter anderen Begriffen, wie Green Finance oder ESG Finance, gehört. ESG steht hierbei für „Environment“ (Umwelt), „Social“ (Soziales) und „Governance“ (Unternehmensführung). Konkret bedeutet Sustainable Finance also eine nachhaltige Unternehmensstruktur für Finanzdienstleister zu etablieren, sei es durch interne Strukturen wie Digitalisierungsmaßnahmen, um den Papierverbrauch zu reduzieren oder das Investieren in ausschließlich nachhaltige Geldanlagen.
Laut der Deutschen Bundesbank ist die Bankenaufsicht (BaFin) dazu angehalten, Nachhaltigkeitsrisiken zu prüfen und Finanzunternehmen dazu zu bewegen, einen Übergang in eine nachhaltigere Finanzwirtschaft zu gehen. Schon jetzt ist klar: Sustainable Finance ist mehr als nur ein leeres Marketing-Schlagwort. Es ist, nicht zuletzt durch das Pariser Klimaabkommen, tief in unserem europäischen Compliance-System verankert. Nachhaltigkeitsrisiken, oder auch ESG-Risiken genannt, werden stets geprüft und in Zusammenarbeit mit der BaFin in dem Report „Nachhaltigkeitsrisiken in der Bankenaufsicht“ festgehalten. Um dein Finanzunternehmen nachhaltig zu führen, ist es von zentraler Bedeutung, die ESG-Kriterien zu verstehen und in die Geschäftsstrategie deines Finanzunternehmens zu integrieren. Dies erfordert eine Bewertung der eigenen Unternehmenspraktiken, Risikomanagementprozesse und Investitionsentscheidungen im Hinblick auf Umwelt, Soziales und guter Unternehmensführung.
Was wird in ESG-Compliance Vorgaben von Finanzdienstleistern erwartet?
Neben den allgemeinen regulatorischen Vorgaben in der Finanzwirtschaft durch unter anderem die MaRisk und BAIT ist ESG Compliance ein weiterer Bestandteil, welchen Finanzdienstleister berücksichtigen müssen. So stellt die EU entsprechende Vorschriften wie die Sustainable Finance Disclosure Regulation und die Green Asset Ratio, in diesen unter anderem Vorgaben zu den folgenden Themen geregelt sind:
- Integration von ESG-Aspekten in die Anlage- und Finanzierungsstrategien
- Transparente Nachhaltigkeitsberichterstattung an alle Stakeholder
- Festlegung von KPIs zur Förderung der Nachhaltigkeit
- Offenlegung der Nachhaltigkeitsziele und -leistungen
- Einbindung der ESG-Kriterien in die Risikobewertung und das Risikomanagement
- Sicherstellung der Unabhängigkeit und Integrität von ESG-Ratings
6 Schritte, um Sustainable Finance in deinem Finanzunternehmen zu etablieren
Diese Vorgaben klingen zunächst nach viel Arbeit und wahrscheinlich fragst du dich jetzt: Wie kann ich Sustainable Finance in meinem Finanzunternehmen konkret etablieren? Die folgenden 6 Schritte geben dir einen ersten Ansatz zu einer ESG-konformen Berichterstattung:
1. Identifiziere relevante ESG-Kriterien
Bestimme die Umwelt-, sozialen und Governance-Kriterien, die für dein Finanzunternehmen relevant sind und identifiziere die Bereiche, in denen du einen positiven Einfluss haben kannst, sowie die Risiken, welche du vermeiden möchtest. So könntest du dich zum Beispiel auf den Umweltaspekt der ESG-Compliance fokussieren und mittels einer digitalen Unterschrift deine Kreditvertragsprozesse digitalisieren. Damit hast du einen positiven Einfluss auf den Papierverbrauch deines Finanzunternehmens und minimierst gleichzeitig das Risiko erhöhter Kosten durch Druck und Versand der Kreditverträge.
2. Integriere ESG in deine Geschäftsstrategie
Passe deine Geschäftsstrategie dahin gehend an, dass ESG-Kriterien in Unternehmensziele und Entscheidungsprozesse berücksichtigt werden. Durch unternehmensspezifische KPIs wie eine Erweiterung der Homeoffice-Regelung zur Vermeidung von CO₂-Ausstoßen durch Fahrtkosten kannst du sicherstellen, dass Sustainable Finance ein integraler Bestandteil deiner Unternehmenskultur wird.
3. Etabliere ein ESG-Reporting-System
Mit einem robusten Berichtserstattungssystem ermöglichst du Stakeholdern den Fortschritt in deinem Finanzunternehmen zu beobachten, Vergleichbarkeit zu gewährleisten und die Entwicklung verschiedenster Nachhaltigkeitsindikatoren nachzuvollziehen. Mit einer digitalen Mitarbeiter-App kannst du so deine Angestellten auf dem Laufenden halten und externe Stakeholder per digitaler Postzustellung informieren, ohne zusätzliche Umweltbelastungen für das ESG-Reporting in Kauf zu nehmen.
4. Schulung und Sensibilisierung
Ein weiterer Schritt für die Einbindung von Sustainable Finance in deinem Unternehmen ist die Schulung und Sensibilisierung deiner Mitarbeitenden. Bilde deiner Mitarbeitenden regelmäßig zu ESG-Themen weiter und erhöhe so ihr Bewusstsein für nachhaltige Praktiken, wie zum Beispiel weniger Papier im Büro verwenden werden kann. So wird der Begriff Sustainable Finance mit Leben gefüllt und weniger als nur ein weiteres Marketinginstrument angesehen.
5. Externe Bewertungen und Prüfungen
Um deinem Finanzunternehmen die nötige Glaubwürdigkeit bei der Einhaltung von Sustainable Finance Richtlinien zu geben, kannst du deine Nachhaltigkeitsstrategien und -leistungen von unabhängigen Dritten bewerten und prüfen lassen. Externe Bewertungen wie Nachhaltigkeitsratings und Zertifizierungen erhöhen nicht nur die Transparenz deines Unternehmens, sondern stärken auch das Vertrauen deiner Stakeholder. Natürlich kannst du diese Zertifikate dann ebenfalls als Marketinginstrument verwenden (nur geht es in diesem Fall mit mehr Glaubwürdigkeit und Kontext einher).
6. Analyse deiner Daten
Für eine Dokumentation und Berichterstattung über die „Größe des bisherigen ökologischen Fußabdrucks“ – und der daraus resultierenden Ableitung, inwieweit Nachhaltigkeitsziele erreicht wurden – ist es notwendig, eine Vielzahl von Daten auszuwerten. Etwa Verbrauchswerte von Gas, Strom oder Wasser und Abwasser in deinem Finanzunternehmen. Hier kann eine automatisierte Auswertung der Abrechnungen unterstützen, die Daten aus eingehenden Dokumenten medienbruchfrei zu ermitteln und in Analysetools zu überführen. Dadurch bist du in der Lage, vielleicht sogar mittels künstlicher Intelligenz, deine ESG-relevanten Daten zu analysieren und strategische Ableitungen für dein Finanzunternehmen zu treffen.
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Die Herausforderung von Sustainable Finance Regularien für Finanzdienstleister
Die Herausforderung bei einer solch umfangreichen Nachhaltigkeitsberichterstattung ist die Menge an Informationen, welche den verschiedensten Stakeholdern zur Verfügung gestellt werden müssen. Da ESG-Compliance erst seit Kurzem in regulierten Märkten zur Pflicht wurde, gibt es in vielen Finanzunternehmen noch keine digital optimierten Prozesse. Dies führt nicht nur zu Mehraufwand bei den Angestellten der Finanzunternehmen, sondern gleichzeitig zu Verwirrung auf Seiten der Stakeholder, wenn Finanzdienstleister nur verzögert Informationen kommunizieren können.
Digitale Lösungen wie ein Dokumentenmanagement-System (DMS), eine Workflow-Engine oder ein digitaler Briefkasten helfen dir dabei, den Überblick in der Kommunikation mit deinen Stakeholdern zu behalten und stets alle relevanten und aktuellen Informationen zur Verfügung zu haben, ohne viel Zeit und Nerven durch neue Sustainable Finance Regularien zu verlieren.
Fazit
Die Auseinandersetzung mit Sustainable Finance ist für Finanzdienstleister unerlässlich, um den Anforderungen der modernen Finanzwelt gerecht zu werden. Durch das Verständnis und die Integration von ESG-Kriterien, Nachhaltigkeitsberichterstattung, die Schaffung nachhaltiger Finanzprodukte und die Zusammenarbeit mit relevanten Partnern, können Finanzdienstleister ihre Position stärken und gleichzeitig einen positiven Einfluss auf die Gesellschaft und die Umwelt haben. Indem sie diese Aspekte berücksichtigen, können Finanzdienstleister eine nachhaltige Finanzwirtschaft fördern, sich als verantwortungsbewusste Akteure in der Branche positionieren und beweisen, dass Sustainable Finance mehr als nur ein Marketing-Schlagwort ist.
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