Das OZG 2.0 Paket: die Bestellung ist eingetroffen!

Veröffentlicht 15.06.2024

Dirk Wrany Strategischer ECM Berater d.velop

Beitragsbild Blogartikel OZG 2.0 Paket

Wir erinnern uns nur zu gut an das traurige Ende des Jahres 2022: Die Frist zur Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) war abgelaufen. Sowohl die meisten öffentlichen Verwaltungen als auch die Bevölkerung und Unternehmen standen, wie längst überall angekündigt, vor einem Trümmerberg der nicht digitalisierten Verwaltungsleistungen. Das Gesetz wurde in der Fach-Community sowie den politischen und medialen Landschaften unisono für kläglich gescheitert erklärt. Ändert sich das mit dem OZG 2.0?

Wie das Bundeskabinett mit dem OZG-Änderungsgesetz die öffentliche Verwaltung erneut entbürokratisieren will 

Mindestens ein halbes Jahr lang wurde daher über die unmögliche Umsetzung sowie die unerreichbaren Ziele des OZG gespottet, gestritten und um klügere Lösungen gerungen. Nun, ausgerechnet am 24. Mai 2023 – dem Tag der Weinbergschnecke (USA) – ist die verlorene Wette um den Grauburgunder von Herrn Altmaier aus dem Jahr 2017 längst vergoren und vergessen.

OZG mit Dokumentenmanagement erfolgreich meistern

Denn am 24. Mai ging folgende Online-Mitteilung des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) ein: „Bundesregierung beschließt Paket für die digitale Verwaltung“. Aus Behördendeutsch übersetzt: „Die Bestellung für das OZG 2.0 Paket ist eingegangen. Eine Bestätigung wurde gesendet.“ Immerhin.

OZG 2.0 – Gesetzentwurf zur Änderung des Onlinezugangsgesetzes

Werfen wir doch gleich einen kurzen Blick auf die einzelnen Positionen in der Auftragsbestätigung für das Paket – also der Gesetzentwurf zur Änderung des Onlinezugangsgesetzes (OZG-Änderungsgesetz – OZGÄndG) und das zeitgleich veröffentlichte Eckpunktepapier „für eine moderne und zukunftsgerichtete Verwaltung“.

Abermalige Modernisierung der deutschen Verwaltung durch das OZG 2.0

Der Gesetzentwurf zur Änderung des Onlinezugangsgesetzes soll zum einen die Leitplanken für eine „Weiterdigitalisierung“ der Verwaltung aufzeigen und zum anderen die Voraussetzungen für digitale, nutzerfreundliche Verfahren schaffen. In diesem von der Bundesinnenministerin Nancy Faeser bestellten Paket für die digitale Verwaltung sollen sowohl Bürger:innen als auch Unternehmen bedacht und Länder sowie Kommunen unterstützt werden:

  • Ein zentrales Bürgerkonto „BundID“ mit einem digitalen Postfach für die beidseitige Kommunikation zwischen Bürgern:innen und Behörden.
  • Die faktische Abschaffung der Schriftform, wodurch zukünftig alle Leistungen rechtssicher mittels der Onlineausweisfunktion des Personalausweises digital und ohne händische Unterschrift beantragt werden können.
  • Die flächendeckende und medienbruchfreie Ende-zu-Ende-Digitalisierung der 15 wichtigsten Verwaltungsleistungen, wie z. B. der Führerschein, die Eheschließung, das Elterngeld, die Baugenehmigung oder das Wohngeld bis spätestens 2024.
  • Die Vereinbarung des Once-Only-Prinzips für das elektronische Abrufen eines Antragsnachweises bei dem zuständigen Amt, mit Einverständnis der antragstellenden Person.
  • Durch Nutzerfreundlichkeit und Barrierefreiheit elektronischer Verwaltungsleistungen sollen staatliche Angebote im World Wide Web auf die Bedürfnisse der Bevölkerung zielgerichteter eingehen.
  • Alle öffentlichen Verwaltungen, welche digitale Verwaltungsleistungen im Portalverbund anbieten, werden zu der Verwendung des sogenannten Organisationskontos verpflichtet, sodass auch Unternehmen künftig ihre Anträge über ein zentrales Konto stellen können.
  • Die unternehmensbezogenen Leistungen sollen bis spätestens 2028 ausschließlich digital angeboten werden, sofern sie „der Ausführung von Bundesgesetzen auf dem Gebiet des Wirtschaftsrechts dienen“.

Mit unserem Paket für die digitale Verwaltung gehen wir heute einen weiteren großen Schritt, um unser Land moderner, bürgernäher und digitaler zu machen. Wir wollen das Leben der Menschen leichter machen, wertvolle Zeit sparen, der Zettelwirtschaft ein Ende bereiten und Behördengänge vermeiden. Besonders begrüße ich, dass wir uns gemeinsam mit Ländern und Kommunen jetzt auf 15 besonders wichtige Leistungen fokussieren. Das ist ein großer Gewinn für die Bürgerinnen und Bürger – und ein Meilenstein auf dem Weg zum digitalen Staat.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser

BundID & eID: ein Postfach für alle

Mit dem OZG 2.0 „feiert“ die Bundesregierung gleichzeitig auch das digitale Postfach, die sogenannte „BundID“, welches künftig flächendeckend eingeführt werden soll. Damit sollen die Bürger:innen all ihre Anträge bequem vom heimischen Sofa aus stellen und bearbeiten können. Die BundID soll demnach bundesweit einheitlich genutzt werden, sodass Bundesländer, wie Bayern oder Baden-Württemberg, ihre eigenen ID-Konten und damit auch die eigenen Bemühungen diesbezüglich bitte innerhalb von drei Jahren „begraben“ sollen. Einige andere Länder haben bereits angekündigt, dies aus freien Stücken machen zu wollen.

Auch vonseiten der Ämter wäre es mit der BundID möglich, aufkommende Fragen direkt über das Postfach zu klären oder die Antragstellenden über den bevorstehenden Ablauf von Fristen zu unterrichten. Vorausgesetzt, die Bürger:innen nutzen einen elektronischen Identitätsnachweis, wie zum Beispiel die Online-Ausweisfunktion des Personalausweises – auch eID genannt. Es bleibt allerdings abzuwarten, wie groß das Interesse und die Akzeptanz der BundID sowie der eID in der Bevölkerung wirklich sein werden. Denn wie der Mensch mit der Behörde kommunizieren möchte, entscheidet schlussendlich der Mensch, nicht das Gesetz.

Umsetzungsfrist 2.0 und verbindliche Standards für Länder und Kommunen?

Der Gesetzentwurf zum OZG 2.0 legt zwar den Schwerpunkt auf medienbruchfreie Prozesse, steht dennoch im Zeichen der gelebten Zurückhaltung: So wird in dem Beschluss an dem breit kritisierten Nichtvorhandensein konkreter Umsetzungsfristen kaum gerüttelt. Auch ein Rechtsanspruch der Bürger:innen auf digitale Verwaltungsleistungen besteht dort nicht. Zudem fehlen in dem Papier konkrete Zuständigkeiten.

So könnte es für alle Parteien schwer einzuschätzen sein, bis wann welche Maßnahmen wie und von welcher Seite genau umgesetzt werden sollen. Klar ist: Wer sich für die Umsetzung weitere fünf bis zehn Jahre Zeit lässt, weil keine Strafen zu befürchten sind, wird immer mehr unter Druck geraten, am Ende des Tages ein Digitalisierungs-Schlusslicht statt ein Leuchtturm für die eigenen Bürger:innen zu werden.

Digitale Lösungen bei der Stadt Ahaus: Thomas Spieker (CDO Stadt Ahaus) im Interview

So steht es am Ende dieser Auftragsbestätigung: Die voraussichtliche Zustellung des OZG 2.0 Paketes wird zwischen dem 31.12.2023 und 31.12.2027 erfolgen. Die Bestellung wird bevorzugt behandelt.

Bundesregierung legt Gesetzentwurf zur Änderung des Onlinezugangsgesetzes vor

Am 23. August 2023 teilte der Deutsche Bundestag mit, dass die Bundesregierung einen Gesetzentwurf (20/8093) zur Änderung des Onlinezugangsgesetzes sowie weiterer Vorschriften zur Digitalisierung der Verwaltung (OZG-Änderungsgesetz) vorgelegt hat. Für alle Fans der agilen Bürokratie ist es ein gutes Zeichen. Denn die Mitteilung bedeutet, dass sich die aufgegebene Großbestellung ihren Weg durch die langen Flure des Bundes erfolgreich bahnt, um unbeschadet an ihr Ziel zu kommen. 

Wenn wir schon bei den Zielen sind: Das Ziel des erwähnten Gesetzesentwurfes besteht darin, die neugeschaffenen Kooperationsstrukturen zwischen Bund und Ländern langfristig zu etablieren. Außerdem soll damit eine unkomplizierte, zeitgemäße und digitale Abwicklung von Verfahren innerhalb des übergreifenden Portalverbunds ermöglicht werden. Hierfür plant der Bund unter anderem die Bereitstellung zentraler Basisdienste, um die bisherigen landesspezifischen Entwicklungen für unterschiedliche Bürgerkonten und Postfächer zu ersetzen. Des Weiteren ist die Einführung eines schriftformersetzenden qualifizierten elektronischen Siegels geplant. Auch eine Regelung zu Digital-Only für Unternehmensleistungen soll eingeführt werden.

Laut der Bundesregierung bestünde der Nutzen des Gesetzentwurfs darin, „dass er den Prozess der Entwicklung nutzerfreundlicher digitaler Services weiter fördert“. 

Die Nachricht klingt beruhigend und macht sogar Lust auf mehr: Fast alle bestellten Positionen scheinen einen „Lieferbarkeitshaken“ bekommen zu haben und können nun tatkräftig „produziert“ werden. Die einzige Frage mit dem bitter schmeckenden Wermutstropfen bleibt unbeantwortet: Wie lange dauert es noch? Denn einige Bundesratsvorschläge müssen geprüft und abgestimmt werden. Sie sollen im Rahmen des weiteren Gesetzgebungsverfahrens geklärt werden. Wir hätten da einen Vorschlag, wie auch der Bund seine internen Prozesse beschleunigen könnte: „Vom Papierchaos zur digitalen Organisation – Prozessmanagement für die öffentliche Verwaltung“. 

Ampel-Koalition einigt sich auf Onlinezugangsgesetz 2.0

Am 19. Februar 2024 schwirrte, wie aus dem Nichts, eine verheißungsvolle Nachricht in den deutschen (Online-)Medien umher: „Ampel-Koalition einigt sich auf Onlinezugangsgesetz 2.0“. Nachdem der Entwurf der Bundesregierung zum OZG 2.0 seit einem halben Jahr im parlamentarischen Verfahren festhing, gibt es nun sogar mehrere Gründe zur Freude: 

  1. Die Fraktionen von FDP, Grünen und SPD sind sich darüber schon mal einig 
  1. Das unhandliche Paket OZG 2.0 hat eine weitere schwere Tür überwunden und liegt nunmehr im nächsten Gang Richtung Versand: Am 21. Februar 2024 wurde das OZG 2.0 im Innenausschuss des Deutschen Bundestages verabschiedet. 
  1. Die Bürger:innen können ab dem 1. Januar 2029 ihr Recht auf digitale Verwaltungsleistungen beim Verwaltungsgericht einklagen – jedoch mit zwei betonten „Aber“. 
  1. Die sogenannte „Schriftformerfordernis“ für Verwaltungsakte als zentraler Bestandteil des OZG 2.0 wird abgeschafft. 
  1. Die Nutzung der Bund-ID soll durch ein vereinfachtes Log-in attraktiver werden. 

Sobald eine Nachricht ein oder mehrere „Aber“ beinhaltet, nehmen diese automatisch den wichtigsten Part im ganzen Schreiben ein, sodass wir uns zuerst dem Recht auf digitale Verwaltungsleistungen vom Jahr 2028 widmen wollen. Denn für Leistungen, bei welchen eine digitale Bereitstellung „technisch und rechtlich“ nicht möglich ist, gilt der Rechtsanspruch nicht. Auch Verwaltungsleistungen, die „kaum genutzt“ werden, sind von diesem Recht ebenfalls ausgenommen.

Dieses Recht stärkt jeden Bürger mit dem Anspruch, Verwaltungsdienstleistungen auch online in Anspruch nehmen zu können, und erhöht somit den Druck zur Umsetzung.

Maximilian Funke-Kaiser, digitalpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion

Das Bundesinnenministerium (BMI) soll innerhalb von zwei Jahren – nach der nächsten Bundestagswahl – offene Standards und offene Schnittstellen für den Onlinezugang zu Verwaltungsdienstleistungen festzurren. In dem Entwurf wurde daher eine Soll- und keine Muss-Regelung niedergeschrieben: „Open-Source-Software (soll) vorrangig vor solcher Software eingesetzt werden, deren Quellcode nicht öffentlich zugänglich ist oder deren Lizenz die Verwendung, Weitergabe und Veränderung einschränkt.“

Ein vereinfachtes Log-in, das sich an das Verfahren beim Online-Banking orientiert, soll zur besseren Akzeptanz des zentralen Bundeskontos (Bund-ID) beitragen: Künftig wir wohl ausreichend sein, sich nur beim ersten Mal mit dem elektronischen Personalausweis („ePerso“) bei der Einwahl zu identifizieren. Anschließend genügt eine Bestätigung durch biometrische Merkmale.

Müssen die Bürger:innen künftig auf dem (digitalen) Amt Gebühren entrichten, sollen Behörden fortan mehrere Zahlungswege anbieten, welche „möglichst barrierefrei und hinreichend sicher sind“, wie zum Beispiel Girocard, Kredit- und Debitkarten, PayPal, Apple Pay oder Google Pay.

Mit dieser Anpassung der Paketinhalte – der Überarbeitung der Überarbeitung des Onlinezugangsgesetztes – dem neuen Gesetzesentwurf zum OZG 2.0 der Ampelparteien – sollen vom Bund aus Anregungen für die Verwaltungsdigitalisierung sowohl auf Länder- als auch auf kommunaler Ebene mitgegeben werden. Zwar hat der Bund selbst ein paar „Großbaustellen“ zu meistern, wie etwa Verwaltungsdienstleistungen der Bundesagentur für Arbeit, Bafög-Anträge und Auskünfte aus dem Punkteregister in Flensburg. Aber: Egal, wie eifrig der Bund etwas regelt, das OZG 2.0 müssen hauptsächlich die Kommunalverwaltungen umsetzen.

Und wie nehmen die Menschen die Digitalisierung in den Behörden wahr? Der Aussage „Die Politik hat das Thema Digitalisierung zu wenig vorangetrieben“ stimmten bei einer repräsentativen Umfrage des Allensbach-Meinungsforschungsinstituts im Dezember 2023 ganze 62 Prozent der Befragten zu. Dass „Widerstände gegen die Digitalisierung“ in der öffentlichen Verwaltung Ursache für den mangelnden Fortschritt auf diesem Gebiet seien, glaubt dagegen nur rund jede vierte befragte Person. Laut Umfrage sind 62 Prozent der Bevölkerung der Ansicht, dass auch die Aufteilung der Zuständigkeiten auf Bund, Länder und Kommunen ein Hemmschuh ist. 

Nach der Verabschiedung im Innenausschuss des Bundestages am 21. Februar 2024 und nach dem Beschluss des Deutschen Bundestages am 23. Februar 2024 ist das OZG 2.0 Paket in geänderter Fassung noch auf die Zustimmung des Bundesrats angewiesen, bevor es ausgeliefert werden kann.

Ich freue mich sehr, dass der Bundestag heute unser neues Onlinezugangsgesetz verabschiedet hat. Das ist ein wichtiger Schritt für ein digitales Deutschland. Für Unternehmen wird es künftig nur noch digitale Anträge geben. Für alle Bürgerinnen und Bürger gibt es ein zentrales Bürgerkonto – die BundID.

Nancy Faeser, Bundesministerin des Innern

OZG 2.0 chancenlos? Bundesrat kippt Onlinezugangsgesetz

Am 22. März 2024 kamen die Vertreter der unionsgeführten Bundesländer im Bundesrat zusammen, um über die Auslieferung des von der Ampel-Koalition geschnürten Paketes für das neue Onlinezugangsgesetz (OZG 2.0) abzustimmen. Am späten Nachmittag kam dann die Quittung: Die Lagerbestände sind nicht ausreichend. Der Gesetzentwurf zur Änderung des Onlinezugangsgesetzes erhielt in der Ländervertretung nicht die benötigte Mehrheit. Das OZG 2.0 ist im Bundesrat gescheitert.

Etwas sprach- und machtlos steht man vor dieser Nachricht schon. Denn einerseits wünscht man sich, der Paketbote würde endlich mal klingeln (oder das schwere Paket zumindest an der Türschwelle liegen lassen) und man könnte die Bestellung freudig entgegennehmen. Schließlich gibt es dort so einiges zu bestaunen. Andererseits sollte das modernisierte Onlinezugangsgesetz vorwiegend den Kommunen die tägliche Arbeit erleichtert und den Bürgern:innen den (digitalen) Behördengang schmackhaft machen.

Jetzt dürften vor allem die Bürger:innen enttäuscht sein, denn nun haben sie, zumindest vorerst, keinen Rechtsanspruch auf digitale Leistungen des Bundes. Auch ein einheitliches digitales Bürgerkonto für die Nutzeridentifizierung und Antragstellung liegt mit dem gekippten Prestigeprojekt der Koalition auf Eis.

Die Kommunen (und Länder) können jedoch aufatmen. Denn mit dem Gesetzentwurf zum OZG 2.0 wolle der Bund sich gänzlich von der Finanzierung der Verwaltungsdigitalisierung drücken, so die Kritik des Innenausschusses der Länderkammer. Dies ginge zulasten der Länder und Kommunen: Die Bundesregierung würde gesetzliche Vorgaben machen, ohne die daraus entstehenden Folgekosten genau zu beziffern.

Und was sagt die Bundesinnenministerin zu dem gestoppten OZG 2.0? Nancy Faeser will nun den Vermittlungsausschuss anrufen und ist der Meinung, dass die unionsgeführten Länder mit der Ablehnung des Gesetzentwurfs „die weitere Digitalisierung und Modernisierung unseres Staates aufhalten“. Sie würden „klar gegen die Interessen ihrer eigenen Kommunen“ handeln.

Schlussendlich gibt es beim Onlinezugangsgesetz doch nur Verlierer. Denn jetzt muss das geschnürte, wieder aufgebrochene und anschließend halbherzig zugeklebte Paket mit der Großbestellung OZG 2.0 erneut einige beschwerliche Meter auf den Fluren des Bundestages und Bundesrats zurücklegen. Jetzt hat aber der Vermittlungsausschuss das Wort.

Bund und Länder einigen sich im Vermittlungsausschuss über das OZG 2.0

Am 12. Juni 2024 hat sich der Vermittlungsausschuss von Bund und Ländern auf einen „Kompromiss light“ zum OZG 2.0 geeinigt – und somit die Packliste für das OZG 2.0 Paket nur leicht angepasst.

Der Bund hat den Ländern in vielen Aspekten Zugeständnisse gemacht: Das bekannte und weitverbreitete ELSTER-Softwarezertifikat soll zukünftig für die Identifizierung bei den Nutzerkonten genutzt werden. Zudem soll das im Onlinezugangsgesetz geschaffene zentrale Nutzerkonto Bund-ID zu einer Deutschland-ID gemeinschaftlich mit den Ländern weiterentwickelt werden. Lediglich bei der Finanzierung hat der Bund offenbar keine ausreichenden Kompromisse angeboten.

Der Vermittlungsausschuss einigte sich außerdem auf eine begleitende Protokollerklärung. Darin wird betont, dass zusätzliche Anstrengungen zur Modernisierung der Register notwendig sind, um das Ziel vollständig digitaler, medienbruchfreier Prozessketten zu erreichen und Verwaltungsleistungen noch bürgerfreundlicher und serviceorientierter anzubieten. Er fordert die konsequente Umsetzung des Once-Only-Prinzips, sodass Daten von den Verwaltungen nicht mehrfach erfasst werden müssen.

Nur zwei Tage später, am 14. Juni, wurde die geänderte Kompromiss-Packliste für das OZG 2.0 Paket erneut dem Bundesrat zur Zustimmung vorgelegt.

Bereits im Vorfeld der Abstimmung wurde es in den politischen Kreisen gemunkelt, dass die Ländervertretung dem neuen Vorschlag zustimmen wird. Dem war es auch so: Der Bundesrat hat dem Gesetz zur Änderung des Onlinezugangsgesetzes zugestimmt. Das Gesetz soll mehr Verbindlichkeit für eine schnelle und effiziente Verwaltungsdigitalisierung schaffen. Diese wir als „Daueraufgabe für Bund, Länder und Kommunen“ festgelegt.

„Wir beschleunigen die Digitalisierung der Verwaltung. Bürgerinnen und Bürger werden das unmittelbar im Alltag spüren: In vielen Fällen wird es überflüssig, zum Amt zu gehen. Die Zettelwirtschaft hat in sehr vielen Bereichen ein Ende. Digitale Anträge ersetzen die Papierform. Unterschriften per Hand und auf Papier sind nicht mehr nötig. Viele Nachweise müssen nur noch einmal vorgelegt werden.“ Bundesinnenministerin Nancy Faeser

So viel Freude täuscht jedoch über zwei zentrale Hürden bei der Umsetzung des OZG 2.0 hinweg: Da die Länder nicht verpflichtet sind, einheitliche Standards bei der Verwaltungsdigitalisierung einzuführen (Hürde 1), wird eine Ende-zu-Ende-Digitalisierung, von der digitalen Antragsstellung bis hin zu Archivierung der eAkte, unmöglich gemacht (Hürde 2). Der neue Gesetzesentwurf sieht auch vor, dass nicht der Bund bei der durchgängigen Digitalisierung der Verwaltungsleistungen das Sagen hat, sondern die Länder. Diese Tatsache, und die umstrittene Klausel in der geänderten Fassung des OZG 2.0, könnte die Länder befähigen, den Bund bei der Finanzierung des Verwaltungsdigitalisierung unter Druck zu setzen. Wer davon profitiert und wer darunter am meisten leidet, wird sich noch zeigen.

Was uns bleibt, ist ein kleiner Trost: die Bestellung wurde aufgenommen, die Bestände wurden geprüft, ein paar Male angepasst und das erneut zusammengeflickte Paket OZG 2.0 kann in Bälde versandt werden. Denn die Bestellung wird bevorzugt behandelt: Der Gesetzentwurf wird voraussichtlich im Juli 2024 in Kraft treten.

Bis es jedoch heißt „Die Bestellung ist eingetroffen“, kann es noch eine Weile dauern. Denn der voraussichtliche Zustellungstermin ist 2028.

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Häufige Fragen und Antworten zum OZG 2.0

Was bedeutet OZG 2.0?

Die Abkürzung OZG 2.0 steht für das OZG-Änderungsgesetz – oder auch OZGÄndG. Das OZG steht wiederum für das Onlinezugangsgesetz. Den Gesetzentwurf hat die Bundesregierung am 24. Mai 2023 im Kabinett beschlossen.

Was ist das Ziel des OZG 2.0?

Das OZG 2.0 soll die Leitplanken für die weitere Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung definieren. Zudem sollen zentrale Voraussetzungen für digitale und nutzerfreundliche Verfahren geschaffen werden, sodass Bürger und Bürgerinnen jederzeit sicher und einfach digitale Verwaltungsleistungen in Anspruch nehmen können.

Wie können die Ziele des OZG 2.0 erreicht werden?

Durch die Einführung der sogenannten BundID – des bundesweiten Nutzerkontos – können sich die Bürgerinnen und Bürger deutschlandweit für elektronische Dienstleistungen von Bund und Ländern identifizieren. Für die Anmeldung benötigt man die Online-Ausweisfunktion des Personalausweises – die sogenannte eID. Damit erfolgt die Unterschrift nicht mehr auf dem Papier womöglich noch im Wartezimmer der Behörde, sondern digital von heimischem Sofa aus.

Bis wann muss das OZG 2.0 umgesetzt werden?

Der Gesetzentwurf zum OZG 2.0 sieht keine konkrete Frist für die Umsetzung vor. Aber: Bis spätestens 2024 sollen Bürgerinnen und Bürger jedoch 15 besonders wichtige Verwaltungsleistungen deutschlandweit medienbruchfrei digital beantragen können. Mit Inkrafttreten des OZG 2.0 können außerdem alle Verwaltungsleistungen für Unternehmen spätestens nach 5 Jahren ausschließlich elektronisch über den Portalverbund angeboten werden.