Das Gesundheitsdatennutzungsgesetz – ein Meilenstein für Forschungsdaten

Veröffentlicht 12.06.2023

Katja Mattejat Marketing Manager Healthcare & Welfare d.velop

Beitragsbild Gesundheitsdatennutzungsgesetz

Interoperabilität in der Patientenversorgung, Stärkung des Forschungsstandorts Deutschland, länderübergreifende Forschungsarbeit – wie das Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) das Gesundheitssystem stärken soll, erfährst du hier.

Was ist das Gesundheitsdatennutzungsgesetz?

Das Gesundheitsdatennutzungsgesetz ist Teil der Digitalisierungsstrategie des Bundesministeriums für Gesundheit. Zusammen mit dem Digitalgesetz ist es ein wesentlicher Bestandteil der Bemühungen, die Modernisierung des Gesundheitssystems voranzutreiben. Wo das Digitalgesetz auf die Verbesserung des Behandlungsalltags durch digitale Lösungen abzielt, sollen mit dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz Gesundheitsdaten für die Forschung erschlossen und die datenbasierte Forschung somit erleichtert werden. Mittels des Zugänglichmachens von Forschungsdaten soll die Entwicklung neuer Therapien und Medikamente unterstützt und ihre Wirksamkeit besser überprüft werden können.

Was sind Gesundheitsdaten?

Laut Art. 4 Nr. 15 DSGVO sind Gesundheitsdaten die personenbezogenen Daten, die sich auf die körperliche oder geistige Gesundheit einer natürlichen Person, einschließlich der Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen, beziehen und aus denen Informationen über deren Gesundheitszustand hervorgehen.

Wieso braucht Deutschland ein Gesundheitsdatennutzungsgesetz?

Ein Ziel des GDNG ist, die bestmögliche Diagnostik, Behandlung und Therapie einer evidenzbasierten Medizin durch neue Technologien zu gewährleisten. Das Individuum steht mit seinen Bedürfnissen dabei im Mittelpunkt. Die Nutzung von Gesundheitsdaten kann die bestehende Gesundheitsversorgung sinnvoll ergänzen.

Außerdem soll verhindert werden, dass Deutschland als Forschungsstandort weiter zurückfällt. In kürzerer Vergangenheit hat sich etwa der Mainzer mRNA-Spezialist Biontech gegen Deutschland entschieden und den Aufbau seines Krebsforschungszentrums stattdessen nach Großbritannien verlegt. Laut Gesundheitsminister Karl Lauterbach liegt der Grund hierfür in der veralteten Infrastruktur in Bezug auf Datennutzung und -zugang. Das Gesundheitsdatennutzungsgesetz soll hier frischen Wind bringen und zum Beispiel die Verknüpfung von Krebsregister-, Genom- und Abrechnungsdaten ermöglichen.

Laut Plan sollen bis Ende 2026 mindestens 300 Forschungsvorhaben mit Gesundheitsdaten, erhoben von dem neuen Forschungsdatenzentrum Gesundheit (s.u.), umgesetzt werden.

Interoperabilität fördern mit Gesundheitsdatennutzungsgesetz

Bislang wurden Gesundheitsdaten an verschiedenen Orten gespeichert und waren nicht von überall und von allen Akteuren abrufbar. Das Gesetz soll die Interoperabilität von Ärzten:innen, Kliniken, Apotheken und Pharmakonzernen fördern.

Die 4 Kernpunkte des Gesundheitsdatennutzungsgesetzes

Infografik zeigt die 4 Kernpunkte des Gesundheitsdatennutzungsgesetzes

1. Aufbau einer zentralen Datenzugangs- und Koordinierungsstelle

Dies ermöglicht den Zugang zu Forschungsdaten aus unterschiedlichen Quellen, zum Beispiel von Krankenkassen und Krebsregistern. Die Daten werde dezentral gespeichert, Forschungspseudonyme machen die Zusammenführung der Daten einzelner Patienten:innen möglich und lösen so die starren Datensilos auf, die bislang vorherrschten.

2. Erweiterung der Datenschutzaufsicht

Jedes Bundesland hat seine eigene Landesdatenschutzbehörde. Die einzelnen Behörden stellen teils unterschiedliche Anforderungen, was die länderübergreifende Zusammenarbeit kompliziert macht. Das Gesundheitsdatennutzungsgesetz sieht eine Neuerung vor: Für länderübergreifende Forschungsarbeit soll die datenschutzrechtliche Aufsicht bei nur noch einer Stelle liegen.

3. Weiterentwicklung des Forschungsdatenzentrums Gesundheit (FDZ)

Das FDZ ist beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte angesiedelt und wird weiterentwickelt. Ziel ist, dass auch die forschende Industrie Datenzugangsanträge stellen kann. Hierbei ist nicht der Absender entscheidend für die Anfragen, sondern der Nutzungszweck.

4. Datenfreigabe aus der elektronischen Patientenakte (ePA)

Die ePA wird vereinfacht und freundlich in der Handhabung. Die Datenfreigabe kann in der App gesteuert werden und folgt dem Opt-Out-Verfahren, bei dem die Nutzenden individuell einstellen, auf welche ihrer Daten zugegriffen werden darf. ePA-Daten, die schon pseudonymisiert sind, sollen zu Forschungszwecken automatisch über das FDZ abrufbar sein.

Das Gesundheitsdatennutzungsgesetz im europäischen Kontext

Bis 2025 will die Europäische Union (EU) einen europäischen Gesundheitsdatenraum schaffen, also ein grenzüberschreitendes, digitales Gesundheitswesen. Im Jahr 2022 hat die Europäische Kommission einen Entwurf für eine Verordnung zur Regulierung des European Health Data Space (EHDS) vorgelegt. Der EHDS soll den effizienten Austausch und direkten Zugriff auf bestimmte Gesundheitsdaten erleichtern.

Die EU-Kommission hat damit eine Vision für ein Gesundheitswesen über Staatengrenzen hinweg geschaffen und einen gesetzlichen Rahmen für den Austausch von Gesundheitsdaten vorgelegt. Darin ist auch festgehalten, welche Akteure die Daten abrufen und verwenden dürfen. So sollen Daten abgesehen von den Patienten:innen selbst auch für statistische Zwecke, für die Gestaltung der Gesundheitspolitik und für die Forschung genutzt werden können.

Im Zuge dessen sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, ihre Gesundheitsversorgung zu digitalisieren und den Patienten:innen elektronischen Zugang zu ihren Daten zu verschaffen, sodass jeder Mensch selbst entscheidet, welche Gesundheitsdaten gespeichert und/oder weitergegeben werden.

Das Gesundheitsdatennutzungsgesetz ist der Beitrag des deutschen Gesundheitssystems auf dem Weg in den europäischen Gesundheitsdatenraum. Das Gesetz wird am 09.11.2023 in den Bundestag eingebracht und soll voraussichtlich am 01.01.2024 in Kraft treten.

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