Laut einer Studien löst eine einzige Seite Papier über eine Aufbewahrungsfrist von 20 Jahren in Klinken Verwaltungs- und Organisationskosten in Höhe von 90 Cent pro Blatt Papier aus. Kein Wunder also, dass nicht nur Krankenhäuser die Einführung von digitalen Akten planen. Das Ziel: Papierarchive durch ersetzendes Scannen endgültig aus den Kellern verbannen!
Dokumente digitalisieren: rechtlich sicher sein
Eine Frage, die sich viele Unternehmen auf dem Weg zur digitalen Aktenführung stellen, ist die nach der Rechtssicherheit. Wie kann ich einen Stapel Papier in ein digitales Archiv überführen, ohne meine Aufbewahrungspflichten zu verletzen oder den Beweiswert des originalen Dokuments zu verlieren? Eine wichtige Rolle spielt in diesem Kontext die vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) erlassene Richtlinie TR-03138 zum ersetzenden Scannen. Grund genug für uns, das Thema genauer zu beleuchten.
Was ist ersetzendes Scannen?
Ersetzendes Scannen beschreibt das digitale Erfassen von Papierdokumenten mit dem Ziel der elektronischen Weiterverarbeitung und Aufbewahrung des hierbei entstehenden elektronischen Abbildes (Scanprodukt) und der späteren Vernichtung des papiergebundenen Originals.
Der rechtliche Rahmen – Zulässigkeit und Beweiswert von ersetzendem Scannen
Gerade, weil durch das ersetzende Scannen eine spätere Vernichtung des Originals ermöglicht wird, ist ein besonderer rechtlicher Rahmen zu berücksichtigen. Hier gibt es zwei zentrale Bereiche, die beleuchtet werden müssen: die Zulässigkeit und der Beweiswert von ersetzendem Scannen.
Die Zulässigkeit von ersetzendem Scannen
Bei der Zulässigkeit von ersetzendem Scannen, gilt es die Frage zu klären, ob Unternehmen die richtigen Voraussetzungen mitbringen und Dokumente rein rechtlich überhaupt digital einscannen und archivieren dürfen. Wichtig ist, dass keine rechtlichen oder vertraglichen Pflichten zur analogen Aufbewahrung des Originaldokuments bestehen. Ein Großteil der Dokumentations- und Aktenführungspflichten sind in der GoBD geregelt. Eine Übersicht der wichtigsten Aufbewahrungsfristen– und pflichten haben wir bereits für Sie zusammengefasst. Dokumententypen, bei denen empfohlen wird, auch das originale Dokument aufzubewahren, sind beispielsweise notarielle Beglaubigungen und Verträge.
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Beweiswert des Dokumentes erhalten
Sobald die Zulässigkeit der Überführung in ein digitales Langzeitarchiv geklärt ist, gilt es, den Beweiswert des Dokuments beizubehalten. Der Beweiswert ist von besonderer Bedeutung, da alle Informationen, die in ein Archiv überführt werden, nicht nur für die Besteuerung relevant sind, sondern potenziell auch als Gegenstand in einem Gerichtsverfahren herangezogen werden können. Grundsätzlich ist ein gescanntes, elektronisch transformiertes Dokument keine Urkunde. Unternehmen sollten daher zwingend verhindern, dass die Vernichtung des Originals die Beweissituation im Falle eines Rechtsstreits verschlechtert. Es gilt der Grundsatz der freien Beweiswürdigung nach § 286 Abs. 1 ZPO, wobei von allgemein gültigen Grundsätzen und Richtlinien wie der TR RESISCAN nicht ohne Grund abgewichen werden kann. Unternehmen, die sich an die technische Richtlinie halten, schaffen daher eine gute Grundlage für die Sicherung des Beweiswertes von Dokumenten.
Beispiel aus dem Gesundheitswesen
Ein Beispiel aus dem Gesundheitswesen zeigt, wie wichtig der Beweiswert von Dokumenten ist. So müssen handschriftlich angefertigte Aufzeichnungen von Ärzten im Falle eines Arzthaftungsprozesses aufgrund von Behandlungsfehlern weiterhin so zum Gegenstand des Verfahrens gemacht werden können, dass der Richter der Überzeugung ist, dass das Dokument in der elektronischen Patientenakte dem Original entspricht. Eine ebenso wichtige Rolle spielt die Richtlinie im Bereich der E-Akte.
Die technische Grundlage des ersetzenden Scannens: TR RESISCAN 03138
Die technische Grundlage für ersetzendes Scannen bildet die im März 2013 erlassene TR RESISCAN 03138. Ausdrücklich zu betonen ist, dass die Richtlinie nicht die bereits erwähnte Zulässigkeit des ersetzenden Scannens regelt, sondern allein die technischen Anforderungen und die entsprechende Umsetzung im Blick hat. Ziel der TR RESISCAN ist es, Anwendern in der Justiz, der öffentlichen Verwaltung und dem Gesundheitswesen als Leitfaden zu dienen, wenn neben der Digitalisierung der Dokumente auch deren spätere Vernichtung geplant ist. In einer entsprechenden Publikation des BSI sind Gründe, Ziele und technische Details der Richtlinie weiter ausgeführt.
Umsetzung – So gelingt ersetzendes Scannen
Die Voraussetzung für eine revisionssichere Überführung eines Dokumentes vom Eingangskanal in das Archiv schafft eine Verfahrensdokumentation und eine Software mit entsprechenden Funktionalitäten. Die Richtlinie TR RESISCAN selbst ist in Basismodule und Aufbaumodule mit zusätzlichen Sicherheitsmerkmalen aufgeteilt, die ein revisionssicheres ersetzendes Scannen ermöglichen sollen.
Basismodule und Aufbaumodule der TR RESISCAN
Innerhalb der Basismodule sind organisatorische, personelle und technische Maßnahmen vorgesehen. Hinzu kommen Maßnahmen beim Scannen, die beispielsweise regeln, wie Klammern auf den Dokumenten vor dem Scannen gelöst werden oder Post-it-Zettel gescannt werden. Bei der Nachverarbeitung ist darauf zu achten, dass schon kleine Änderungen wie eine Kontrasterhöhung dokumentiert und Manipulationen zwingend verhindert werden müssen. In den Aufbaumodulen ist eine Schutzbedarfsanalyse für die verschiedenen Dokumententypen geregelt. Je nach Inhalt der zu scannenden Dokumente kann der Schutzbedarf normal, hoch oder auch sehr hoch sein. Von dem Schutzbedarf hängen wiederum technische Maßnahmen, wie zum Beispiel Verschlüsselungstechnologien ab. Der Prozess für ersetzendes Scannen lässt sich in sechs Einzelschritte unterteilen:
- Dokumentenvorbereitung
- Scannen
- Nachbearbeitung
- Integritätssicherung beim Scannen
- Integritätssicherung im Archiv
- TR-ESOR-konformes Langzeitarchiv
Aufgrund der hohen Komplexität ist das ersetzende Scannen gemäß der TR RESISCAN am Markt nicht unumstritten. Nach unseren bisherigen Erfahrungen wird der sehr hohe Schutzbedarf der Richtlinie insbesondere im Industriemittelstand nur selten erreicht, so dass eine technische wie organisatorische Abbildung bei „normalem“ Schutzbedarf mit vertretbarem Aufwand der Regelfall ist. Die d.velop AG und ihre Partner innerhalb des d.velop competence networks stehen für alle Fragen rund um die TR-RESISCAN und die entsprechende konzeptionelle, technische und organisatorische Implementierung jederzeit gern zur Verfügung.