Gerade in Zeiten von Homeoffice wird deutlich, dass mit der Digitalisierung viele Herausforderungen in der Bewältigung interner und externer Arbeitsabläufe verbunden sind, die vorher nicht sichtbar waren. Klar wird aber auch, dass die Digitalisierung auch Aspekte hervorbringt, die gerade in diesen Zeiten auch eine Arbeitserleichterung bedeuten kann. Neben Möglichkeiten zu Videokonferenzen gehört hierzu die elektronische Signatur.
Unklarheiten über den rechtlichen Nutzen technischer Lösungen einer digitalen Unterschrift stehen jedoch einer Akzeptanz und einem verbreiteten Einsatz entgegen. Hinzukommen ähnlich klingende Begriffe, die die Unterscheidung nicht einfacher machen. Eine der wichtigsten Fragen rund um die elektronische Signatur ist zum Beispiel, was ein „elektronisches Siegel“ ist. Wann wird ein elektronisches Siegel neben oder anstelle einer „elektronischen Signatur“ eingesetzt und und welchen unternehmerischen Mehrwert bietet ein elektronisches Siegel grundsätzlich?
Elektronisches Siegel und elektronische Signatur im Vergleich
Wann wird die elektronische Signatur eingesetzt?
Vorab zur Klarstellung: Elektronische Signaturen sind zur Abgabe digital dokumentierter Willenserklärungen einzelner Personen geeignet. Wenn bspw. ein formfreier Vertrag abgeschlossen wird, reicht die Verwendung einer „einfachen“ elektronischen Signatur – bspw. einer E-Mail-Signatur – aus. Ist hingegen gesetzlich oder vertraglich eine Schriftform vorgeschrieben, müssen die Vertragsparteien ihre Erklärungen jeweils über eine sogenannte „qualifizierte elektronische Signatur“ der anderen Partei zukommen lassen.
Was ist ein elektronisches Siegel?
Elektronische Siegel werden relevant, wenn juristische Personen (z.B. Unternehmen oder Behörden) ohne den Einsatz Ihrer Vertreter, Dokumente digital unterzeichnen wollen. Dies ergibt sich aus Art. 3 Nr. 24 eIDAS-VO, wonach der Siegelersteller „eine juristische Person [ist], die ein elektronisches Siegel erstellt.“ Im Unterschied zur elektronischen Signatur, ist der Aussteller eines elektronischen Siegels also z.B. das Unternehmen und nicht der Prokurist oder Geschäftsführer. Es kommt also nicht mehr auf die Verfügbarkeit einzelner Personen an. Wenngleich das eigentliche Erstellen des elektronischen Siegels immer noch ein Mitarbeiter für das Unternehmen durchführen muss.
Die rechtliche Gültigkeit eines elektronischen Siegels
Achtung: Im Falle einer gesetzlichen oder vertraglich festgelegten Schriftform reicht ein elektronisches Siegel nicht aus. Elektronische Siegel haben rechtlich nur folgende Wirkungen:
- Der Empfänger erkennt, dass das jeweilige Dokument von einer bestimmten Organisation ausgestellt wurde und echt ist (Authentizität)
- Es wird dokumentiert, dass der Inhalt der Information nicht verändert wurde (Integrität).
- Nach Art. 35 Abs. 1 eIDAS-VO kann ein elektronisches Siegel als Beweismittel in Gerichtsverfahren eingeführt werden.
Gewissermaßen stellt das elektronische Siegel daher einen digitalen „Firmenstempel“ dar.
Warum ein elektronisches Siegel einsetzen?
Sinngemäß zusammengefasst entfällt durch das elektronische Siegel die Notwendigkeit des analogen Stempelns. Unternehmen können vor allem die hieraus resultierenden Beschleunigungseffekte in den Bereichen Posteingang/-ausgang nutzen.
Sichere Langzeitarchivierung dank e-Siegel
Der Einsatz eines e-Siegels bietet sich auch zur technisch sicheren Langzeitarchivierung an (Stichwort: Integritätssicherungsmaßnahmen gemäß der Technischen Richtlinie 03138 zum Ersetzenden Scannen des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI)).
Elektronisches Siegel zum Schutz vor Betrug
Durch den Einsatz elektronischer Siegel werden Betrugsfälle vorgebeugt. So kann jeder Empfänger einer mit einem e-Siegel versehenen Rechnung selbst verifizieren, ob diese tatsächlich von dem angegebenen Aussteller stammt und ob die Daten im Nachhinein verfälscht wurden.
Welche Vorteile bietet ein qualifiziertes elektronisches Siegel?
Zusätzliche Anwendungsbereiche des digitalen Siegels kommen vermehrt durch neue gesetzliche Regelungen hinzu.
Sichere Kommunikation und Kundenauthentifizierung dank qualifiziertem elektronischem Siegel
So wurden etwa in Zusammenhang mit der zweiten Zahlungsdiensterichtlinie („PSD2“) wurden Vorgaben für technische Regulierungsstandards für eine starke Kundenauthentifizierung und für sichere offene Standards für die Kommunikation getroffen. In diesem Bereich regelt die Delegierte Verordnung (EU) 2018/389, dass der Austausch zwischen Drittanbietern (Fintech-Unternehmen) und Bankinstituten unter anderem durch den Einsatz qualifizierter elektronischer Siegel sicherer gemacht und so das Risiko von Betrugsfällen minimiert werden muss.
Geordnetes Vergabeverfahren für qualifiziertes elektronisches Siegel
Öffentliche Auftraggeber können im Rahmen von Vergabeverfahren nach § 53 Abs. 3 Vergabeverordnung (VgV) festlegen, dass Interessensbekundungen, Interessensbestätigungen, Teilnahmeanträge und Angebote mit einem fortgeschrittenen elektronischen Siegel oder einem qualifizierten elektronischen Siegel zu versehen sind.
Prozesse dank qualifiziertem elektronischen Siegel digitalisieren
Die dargestellten Fälle verdeutlichen nur einen Ausschnitt der Anwendungsfälle elektronischer Siegel. Sie zeigen jedoch auf, dass Organisationen in einer Vielzahl von Fällen auf qualifizierte elektronische Siegel setzen müssen oder zumindest von deren Wirkungen profitieren können.
Elektronisches Behördensiegel zur Workflow-Optimierung
Elektronische Siegel geben Unternehmen und Behörden ein weiteres Werkzeug an die Hand, um interne sowie externe Prozesse weiter zu digitalisieren und damit organisatorische Durchlaufzeiten zu reduzieren. Gerade Unternehmen sollten daher den zusätzlichen Nutzen von e-Siegeln erkennen und in den eigenen Workflow einbeziehen.
Leitfaden zur digitalen Unterschrift:
Welches Signaturlevel muss ich wann einsetzen?