Der Begriff der Telematikinfrastruktur (TI) ist in aller Munde. Da die Telematikinfrastruktur eine entscheidende Rolle in der Digitalisierung des deutschen Gesundheitssystems spielt, haben wir hier die wichtigsten Informationen zu den häufigsten Fragen zusammengetragen:
- Was bietet die Telematikinfrastruktur in der Pflege?
- Was gilt es unbedingt bei der Anbindung einer Telematikinfrastruktur zu beachten?
- Wie verändert sich der Alltag der Pflege durch die Telematikinfrastruktur?
Was ist die Telematikinfrastruktur?
Die Telematikinfrastruktur (TI) ist eine von der gematik GmbH betriebene Plattform für Gesundheitsanwendungen, über die Daten im deutschen Gesundheitssystem schnell und sicher übertragen werden können. Sie ist die technische Grundlage, die es allen Akteuren:innen des Gesundheitssystems ermöglicht, sich miteinander zu verbinden und Daten auszutauschen. Es handelt sich bei der TI um ein geschlossenes Netzwerk, auf das nur registrierte Nutzer:innen Zugriff haben. Es operiert darüber hinaus außerhalb des öffentlichen Internets, sodass der Datenaustausch überaus sicher vonstattengeht.
Ohne Telematikinfrastruktur keine Digitalisierung
Telematikinfrastruktur unterstützt das datenschutzkonforme und einfache Teilen von Informationen
Vielen ist es bewusst: Medizinische Daten sollten nicht über unsichere E-Mail-Anbieter oder gar gewöhnliche Messenger-Dienste unter Kollegen:innen geteilt werden. Dass solche Datenschutzverstöße dennoch immer wieder gängige Praxis sind, liegt vielfach daran, dass diese Art des Datenaustausches zum einen im hektischen Pflegealltag wenig Zeit in Anspruch nimmt und zum anderen viele Einrichtungen noch nicht über beispielsweise eine eigene Mitarbeiter-App verfügen.
Die Telematikinfrastruktur soll diese Verstöße gegen den Datenschutz aus der Welt schaffen und gleichzeitig den Komfort moderner Technologie im Gesundheitssystem Einzug halten lassen. So sollen sich über die TI nicht nur Leistungserbringer untereinander austauschen können, vielmehr soll sie auch die Kommunikation mit Patienten:innen und Klienten:innen (sofern diese ihre Einwilligung darüber geben) sowie Pflege- und Krankenkassen möglich machen.
Sukzessive Anbindung an die Telematikinfrastruktur
Viele Leistungserbringer sind bereits an die Telematikinfrastruktur angeschlossen, zum Beispiel Krankenhäuser, Kassenärzte:innen und Apotheken. Weitere Beteiligte des Gesundheitssystems, wie etwa Pflegeeinrichtungen und Hebammen, sollen innerhalb der nächsten Jahre sukzessive an die Telematikinfrastruktur angebunden werden.
Die Vorteile der Telematikinfrastruktur in der Pflege
Diese Eckdaten zur Telematikinfrastruktur klingen schon sehr vielversprechend. Schauen wir uns daher einmal an, was die Anbindung an die Telematikinfrastruktur nun ganz konkret für Pflegedienste und -einrichtungen bedeutet.
Zeitnahe Überweisung von Klienten:innen
Eine deutliche Verbesserung soll im Bereich der Überweisungen von Klienten:innen stattfinden. Künftig sollen Ärzte:innen Klienten:innen zeitnaher überweisen können, da die entsprechenden Verordnungen auf digitalem Wege an die stationären oder ambulanten Pflegeeinrichtungen übersendet werden können.
Zeitersparnis und Fehlerminimierung durch digitales Versenden
Gleiches gilt für Medikamentenbestellungen bei Apotheken oder etwa das Versenden von Befunden, Laborberichten und Röntgenbildern. Insbesondere die zeitaufwändige Praxis des Faxens und des Verschickens papierbasierter Dokumente soll mit den digitalen Alternativen schlussendlich der Vergangenheit angehören.
Umfassende Information über Klienten:innen im Vorfeld
Auch bietet die Telematikinfrastruktur den Fachkräften aus Medizin und Pflege die Möglichkeit, sich unkompliziert auszutauschen und Rückfragen rasch zu klären. Die Mitarbeitenden der Pflege haben den Vorteil, dass sie sich schon vor Ankunft der Klienten:innen ein umfassendes Bild über diese machen können. Außerdem reduziert sich das Risiko, dass Unterlagen verloren gehen, weil sie zum Beispiel an unterschiedliche Adressaten geschickt oder verlegt wurden.
6 Anwendungen der Telematikinfrastruktur
1. Die elektronische Patientenakte (ePA)
Die vermutlich derzeit geläufigste TI-Anwendung ist die ePA. In der ePA können sämtliche Dokumentationsunterlagen der Pflege gesammelt werden. Hierbei legen die Klienten:innen selbst fest, welche der gespeicherten Daten sie mit welchen Behandelnden teilen möchten. Die Verwaltung der ePA obliegt ebenfalls den Klienten:innen. Dies geschieht über die Webseiten ihrer Krankenkassen oder über entsprechende Apps. Die ePA besteht bereits seit 2021 und ab 2023 soll die Pflegedokumentation vollständig in der ePA geführt werden.
2. Kommunikation im Medizinwesen (KIM)
Über das reine Speichern von Daten hinaus geht KIM. Dahinter verbirgt sich ein System für sicheren E-Mailverkehr, bei dem jede Nachricht verschlüsselt und erst am Zielort wieder entschlüsselt wird. So verhindert man, dass Nachrichten unterwegs abgegriffen werden und sensible Informationen in die falschen Hände geraten. Sämtliche Leistungserbringer können über KIM miteinander kommunizieren: Pflegeeinrichtungen schicken Daten, wie etwa Vitalfunktionen, an die behandelnden Ärzte:innen oder Krankenhäuser und können im Umkehrschluss beispielsweise Therapie- und Arztberichte empfangen.
3. Die elektronische Verordnung (eVO)
Nicht nur Apothekenrezepte werden digitalisiert, sondern auch Verordnungen. Laut dem Digitale–Versorgung–und–Pflege–Modernisierungs–Gesetz (DVPMG) sollen außerklinische Intensivpflege, häusliche Krankenpflege und beispielsweise Verbandmittel und verordnungsfähige Medizinprodukte digital von Ärzten:innen verschrieben werden.
4. Digitale Pflegeanwendungen (DiPA)
DiPA sind Apps, die auf mobilen Endgeräten abgespielt und per Rezept verschrieben werden. Ihr Ziel ist nicht, die stationäre oder ambulante Pflege zu ersetzen, sondern vielmehr diese und auch pflegende Angehörige zielführend zu unterstützen. Zum Beispiel stehen an Demenz Erkrankten personalisierte Apps zur Verfügung, mit denen sich das Gedächtnis trainieren lässt. Die Apps auf Rezept, wie sie manchmal auch genannt werden, können überdies die Kommunikation zwischen Angehörigen und Pflegenden erleichtern.
5. Digitale Pflegeberatung
In Pflegeberatungen informieren sich Betroffene und Angehörige über sämtliche zur Verfügung stehende Optionen. Diese Beratung kann nun auf Wunsch digital durchgeführt werden.
6. Notfalldatenmanagement (NFDM) und elektronischer Medikationsplan (eMP)
NFDM und eMP sind TI-Features und auf dem Chip der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) gespeichert. Sie ermöglichen Einblick in benötigte Medikamente und weitere Informationen des:r jeweiligen Klienten:in. Über die TI soll überdies die Pflege und Aktualisierung dieser Daten durch die Pflegeeinrichtungen möglich sein.
Die Telematikinfrastruktur und ihre technischen Voraussetzungen
Nun, da wir gesehen haben, welche Anwendungsmöglichkeiten die TI bietet, wenden wir uns einigen technischen Voraussetzungen zu, die es seitens der Pflegeeinrichtungen zu erfüllen gilt.
Pflegeeinrichtungen erhalten mittels eines sogenannten Konnektors Zugriff auf die TI. Ein Konnektor stellt einen sicheren Zugang zur TI dar und verhindert den Zugang für Unbefugte. Alternativ ist auch der Zugang zur TI ohne einen Konnektor möglich, nämlich über Schnittstellen. Damit stehen allerdings nur einzelne Aspekte und nicht die gesamte Bandbreite der TI zur Verfügung.
Sozusagen als Keycard und außerdem als fälschungssichere Zertifizierung dienen elektronische Heilberufsausweise (eHBA) und SMC-B-Karten. Ein mit dem Konnektor verbundenes Lesegerät (Kartenterminal) liest Letztere aus und eröffnet die Verbindung zur TI. Die Karten sind für die Verbindung zur TI und dafür, dass Leistungserbringer die Daten der eGK entnehmen können, unumgänglich.
SMC-B-Karten sind verpflichtend, anders als ein eHBA. Jedoch: Ohne eHBA ist es nicht möglich, sich als Zugehörige:r der eigenen Berufsgruppe auszuweisen. Nur, wer sich ausweisen kann, erhält die Berechtigung zur Bearbeitung bestimmter Dokumente und kann außerdem die rechtssichere digitale Signatur nutzen.
Kurz notiert: Checkliste zur Einführung der Telematikinfrastruktur in der Pflege
Um eine Pflegeeinrichtung an die TI anzubinden, wird Folgendes benötigt:
- Konnektor
- SMC-B-Karte
- elektronischer Heilberufsausweis
- VPN-Zugangsdienst
- Kartenterminal
- geeignete Software
- Vertrag mit KIM-Anbieter
Detaillierte Informationen und Schritt-für-Schritt-Anleitungen zur Anbindung an die Telematikinfrastruktur für Pflegeeinrichtungen hat die gematik auf ihrer Webseite bereitgestellt.
Beginn eines neuen Pflegealltags dank digitaler Neuerungen
Es ist wohl nicht übertrieben festzustellen, dass mit der Telematikinfrastruktur ein neuer Abschnitt sowohl im Gesundheitssystem im Allgemeinen als auch in die Pflege im Speziellen beginnt.
Die digitalen Neuerungen, die nach und nach in den Pflegealltag Einzug halten, mögen an der ein oder anderen Stelle zunächst für Stirnrunzeln sorgen, doch bergen sie enormes Potenzial, bestehende Prozesse neu zu denken und zu optimieren.
Durch die Abkehr von papiergestützten Pflegedokumentationen, Verordnungen und Klientenakten eröffnet sich für Einrichtungen die Möglichkeit, sowohl Ressourcen (z.B. Druckerpapier, Tintentoner) einzusparen als auch die Arbeitszeit ihrer Mitarbeitenden (z.B. kein Beseitigen von Papierstaus, Transport von Unterlagen von A nach B).
Es wäre doch zu begrüßen, wenn sich Pflegende auf die Versorgung der ihnen anvertrauten Menschen fokussieren könnten und ihre wertvolle Zeit nicht mit im heutigen Zeitalter praktisch schon überflüssigen analogen Verwaltungsaufgaben füllen müssten.
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