Der GKV-Markt befindet sich seit einigen Jahren in einer veränderten Situation. Es begann mit der Abschaffung des Einheitsbeitrags im Jahr 2015 und hat sich durch die stetige Digitalisierung und Veränderung des Nutzerverhaltens fortgezogen. Individuell erhobene Zusatzbeiträge von Krankenkassen sind seit 2015 rechtens und werden auch verlangt. Gesundheitsreformen und steigende Kosten für Mitglieder beispielsweise durch die Corona Pandemie zwingen viele Krankenkassen dazu, ihre Beiträge zu erhöhen. Die Folge: Mitglieder ziehen schneller einen Kassenwechsel in Betracht. „Zwei Drittel der GKV-Mitglieder zeigen sich wechselbereit, wenn ihre Kasse zukünftig die Beiträge erhöhen sollte.“ 1) Junge Mitglieder deutlich stärker als ältere. 2) Wie eine Krankenkassen-App die Wechselbereitschaft von Mitgliedern eindämmen kann, erfahren Sie in diesem Blogartikel.
Krankenkassen-App als Erfolgsfaktor für die Kundenbindung
Die Situation im Markt zwingt die Kassen zum Handeln. Sie müssen wirksame Maßnahmen entwickeln, um die eigenen Mitglieder zu binden – und nach Möglichkeit wechselbereite Mitglieder anderer Kassen zu gewinnen. Denn gebundene Kunden zeigen sich weniger preissensibel. Sie bleiben der Krankenkasse treu.
Kundenbindung lautet daher die erfolgsversprechende Zielgröße im Kampf um Mitglieder. Insbesondere bei jungen Verbrauchern mit erhöhter Wechselneigung. Nur wie lässt sich dieses Ziel erreichen? Wie können Krankenkassen ihre Mitglieder langfristig binden?
Krankenkassen müssen ihre Services so verändern, dass sie den neuen Bedürfnissen der Kunden entsprechen. Denn Verhalten und Erwartungshaltung der Kunden stehen im Mittelpunkt.
Eine gesellschaftliche Transformation hat stattgefunden, in der die Mobilität der Menschen zunimmt. Ob Online Banking, Messenger, smarter Ticketkauf – mobile Anwendungen werden im Alltag verwendet, weil sie Zeit und Mühen ersparen. Hat sich eine neue Technologie bereits im Alltag etabliert, müssen Unternehmen handeln. Das gilt auch für Krankenkassen. Eine Krankenkassen-App muss her. Die folgende Abbildung beschreibt den Handlungsbedarf. 3)
Eine Krankenkassen-App bietet den Kassen ganz neue Chancen und Wege, dem Kunden wieder näher zu sein.
Eine Krankenkassen-App muss den Versicherten echte Mehrwerte bieten
Eine reine Informationsbereitstellung per Krankenkassen-App ist wenig sinnvoll. Krankenkassen müssen genauer hinschauen und herausfinden, welche bestehenden Serviceprozesse durch eine App nicht nur ergänzt, sondern optimiert oder sogar gänzlich neu abgebildet werden können.
Dabei gilt die altbewährte Regel „customer first“. Beschwerden, Sorgen und Nöte (die sogenannten „Pains“) müssen erkannt werden, um sie mithilfe der Krankenkassen-App zu lindern oder gar aufzulösen. Erst dann bietet die App klare und eindeutige Mehrwerte und schafft Wertschöpfungspotenziale auf beiden Seiten.
In einer Prozessanalyse lassen sich die Pains, Optimierungspotenziale und Chancen identifizieren. Wir haben beispielhaft einen Serviceprozess analysiert. Dazu haben wir zunächst den bestehenden Prozess dokumentiert und auf Schwächen untersucht (grau). Diesem haben wir einen mobilen Prozess gegenübergestellt und dabei Kundennutzen und Optimierungspotenziale identifiziert (dunkelblau).
Serviceprozess: AU-Beleg einreichen
Im Ideallfall werden alle bestehenden Serviceprozesse auf diese Weise analysiert. Ein paar weitere Beispiele:
- Dokumente (AU-Beleg, Passbild etc.) scannen und versenden
- Anträge (Fami-Bögen, Mitgliedschaft etc.) ausfüllen
- Termine vereinbaren
- Erinnerungen an (Vorsorge-)Termine
- Anfordern von Bescheinigungen (Mitgliedsbescheinigung etc. )
- Beratungsgespräche
- Bonusprogramme einlösen
- Informationsbereitstellung (Leistungskatalog, Tarifdarstellungen etc.)
Kundennutzen und Einsparungspotenziale lassen sich so für sämtliche Serviceprozesse herausstellen. Anhand dieser kann priorisiert werden – Prozesse können verglichen und nach Potenzialen gewichtet werden. Es wird auf einen Blick deutlich, welche Services die größten Mehrwerte auf Kunden-, aber auch auf Unternehmensseite bieten.
Folgende Vorteile ergeben sich
- Medienbruchfreie Übermittlung von Dokumenten. Mit der Krankenkassen-App können Versicherte wichtige Unterlagen wie z.B. AU- oder Rechnungsbelege bequem und zeitnah erfassen und direkt an die Krankenkasse übermitteln. Es gelingt ein einfacher und sicherer Datenaustausch ganz ohne Medienbruch.
- Bessere Servicequalität und breiteres Serviceangebot. Die Kontaktaufnahme per Krankenkassen-App funktioniert unabhängig von Büroerreichbarkeiten und Sprechzeiten über intelligente Formulare und bequeme Schaltflächen. Kunden werden über den bevorzugten Kanal abgeholt und treten binnen Sekunden mühelos mit ihrer Krankenkasse in Kontakt.
- Schnellere Bearbeitung durch die Krankenkassen-App. Dokumente liegen zeitnah beim Mitarbeiter vor und können direkt im System weiterverarbeitet werden. Interne Arbeitsabläufe gestalten sich effizienter und effektiver. Das spart zudem Ressourcen im Bereich von Postsendungen und der Eingangspostverarbeitung.
Es liegt also auf der Hand, dass Kassen reagieren und sich den veränderten Kundenansprüchen stellen müssen. Diese sollen aber weniger als Risiko wahrgenommen werden, sondern vielmehr als Chance. Die mobile Welt bietet viele Vorteile: von Kosteneinsparungen über Prozessbeschleunigungen bis hin zur langfristigen Bindung der Mitglieder. Nur wer schnell erkennt, dass Veränderungen neue Wege aufzeigen können, wird dem Wettbewerb standhalten können. Eine Krankenkassen-App (inkl. DMS für Krankenversicherungen) kann dabei ein guter Anfang sein.
Quellen:
1) Höllger, T. (2016). Kundengewinnung und Kundenbindung im GKV Markt. Jahrbuch Healthcare Marketing, S. 42-46.
2) Zok, K. (2016). Beitragssatzwahrnehmung und Wechselbereitschaft in der GKV. WIdOmonitor, 13 (1), S. 7.
3) http://www.alainveuve.ch/digitale-transformation-modell-zur-adaption-von-technologie/