In seinem Vortrag auf dem d.velop summit 2024 beleuchtete Lars von Ohlen, CIO der Universitätsmedizin Greifswald, zukunftsfähige IT-Strategien für Krankenhäuser. Dabei standen das Datenmanagement und die Prozessdigitalisierung im Kontext aktueller disruptiver Technologien im Fokus. Seine spannenden Ansichten möchten wir euch nicht vorenthalten:
Disruptive Technologien verändern unser Leben
In der Geschichte der Menschheit haben disruptive Technologien wiederholt die Art und Weise revolutioniert, wie wir leben und arbeiten. Dabei geht es nicht nur um einfache Verbesserungen, sondern um bahnbrechende Veränderungen, die neue Standards setzen. Disruptive Technologien zeichnet aus, dass sie zu Beginn oft unterschätzt werden und sogar Ängste hervorrufen. Ihre volle Tragweite wird meist nicht sofort erkannt, weil sie zunächst Nischenmärkte bedienen oder in einer Weise gestaltet sind, die von etablierten Marktführern nicht als direkte Konkurrenz angesehen wird. Mit der Zeit entwickeln sie sich jedoch fort und beginnen, die herkömmlichen Technologien in puncto Kosten, Effizienz oder Benutzerfreundlichkeit zu überflügeln.
Beispiele aus der Vergangenheit, die unser Leben nachhaltig verändert haben:
- Buchdruck: Ermöglichte die weite Verbreitung von Wissen und Informationen.
- Eisenbahn: Revolutionierte den Transport und förderte den wirtschaftlichen Fortschritt.
- Glühbirne: Verlängerte den Arbeitstag und verbesserte die Lebensqualität.
- Traktor: Transformierte die Landwirtschaft und steigerte die Produktivität.
- Internet: Veränderte Kommunikation, Handel und Informationszugang grundlegend.
Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz
Heute stehen wir an der Schwelle zu einer neuen Ära, geprägt von Künstlicher Intelligenz (KI) und deren Anwendung in den verschiedensten Bereichen. Sie ist eine der bedeutendsten Technologien unserer Zeit, die das Potenzial hat, unser Leben tiefgreifend zu verändern. Ein Beispiel für die Leistungsfähigkeit von KI ist die Webseite Which Face Is Real?, die zeigt, wie realistisch KI-generierte Bilder sein können. Laut The Economist verdoppelt sich die Rechenleistung, die für das Training von KI-Systemen genutzt wird, alle 3,4 Monate – eine beeindruckende Wachstumsrate. Spannende Einblicke gibt auch der Artificial Intelligence Index Report 2024.
Vorteile von KI im Gesundheitswesen
Wie in vielen anderen Bereichen kann Künstliche Intelligenz (KI) auch das Gesundheitswesen revolutionieren.
- Forschung: Beschleunigt die Entdeckung neuer Medikamente und Behandlungsmethoden.
- Automatisierung: Reduziert den Arbeitsaufwand für repetitive Aufgaben.
- Diversitätsmedizin: Personalisierte Medizin, die auf individuelle genetische Profile abgestimmt ist.
- CDS-Systeme: Clinical Decision Support Systeme unterstützen Ärzte bei der Entscheidungsfindung.
- Präventive Medizin: Vorhersage und Prävention von Krankheiten durch Analyse großer Datenmengen.
Realitätscheck: 630 Millionen Papierdokumente aus Patientenakte verarbeitet ein Scandienstleister jährlich
Allerdings sieht die Realität häufig anders aus und der Alltag ist vom Einsatz einer KI weit entfernt, wie dieses Beispiel zeigt: Täglich werden bei einem der größten Scandienstleister in Deutschland etwa 45.000 Patientenakten in Papierform verarbeitet. Bei einem durchschnittlichen Aktenumfang von 50 Seiten und 280 Arbeitstagen im Jahr summiert sich dies auf etwa 630 Millionen Papierdokumente. Angesichts dieser enormen Datenmengen ist ein effektives Datenmanagement unerlässlich.
Wie können Krankenhäuser in diesem dynamischen Umfeld zukunftsfähige IT-Strategien entwickeln?
Zwei Schlüsselkomponenten sind hierbei das Datenmanagement und die Prozessdigitalisierung.
1. Strategisches Datenmanagement als Erfolgsfaktor
Integration verschiedener Datenquellen
Eine der größten Herausforderungen und gleichzeitig Chancen im Gesundheitswesen ist die Integration verschiedener Datenquellen. Um umfassende Einblicke in den Gesundheitszustand und die Behandlung von Patienten zu gewinnen, müssen Patientendaten, Labordaten, Bildgebungsdaten und genomische Daten zusammengeführt werden. Diese Datenintegration ist essenziell, um ein vollständiges Bild der Patientenhistorie und -prognosen zu erhalten. Ein zentrales Element dieser Integration ist die Interoperabilität. Der nahtlose Datenaustausch zwischen verschiedenen Systemen und Plattformen ermöglicht es, dass Informationen reibungslos und in Echtzeit fließen können. Dies ist entscheidend für die Effizienz und Genauigkeit der medizinischen Versorgung und Forschung.
Kontinuierliche Überwachung und Verbesserung der Datenqualität
Hohe Datenqualität ist unerlässlich, um genaue und zuverlässige Ergebnisse zu erzielen. Dies erfordert eine kontinuierliche Überwachung und Verbesserung der Datenqualität, um sicherzustellen, dass die Daten konsistent, vollständig und aktuell sind. Gleichzeitig müssen Sicherheits- und Datenschutzmaßnahmen robust sein, um die Vertraulichkeit und Integrität sensibler Gesundheitsdaten zu schützen. Angesichts der zunehmenden Bedrohungen durch Cyberangriffe und Datenschutzverletzungen ist es von größter Bedeutung, dass Gesundheitsdaten sicher verwaltet werden. Dies beinhaltet den Einsatz modernster Verschlüsselungstechniken und strenge Zugriffsrichtlinien, um den Schutz dieser wertvollen Informationen zu gewährleisten.
Analysemethoden und KI-Algorithmen
Durch effektives Datenmanagement können fortschrittliche Analysemethoden und KI-Algorithmen angewendet werden, um Muster zu erkennen und Vorhersagen zu treffen. Die Erkennung von Mustern und die Fähigkeit, präzise Vorhersagen zu machen, sind entscheidende Vorteile von KI im Gesundheitswesen. Machine Learning und Big Data Analytics sind Technologien, die tiefe Einblicke in klinische und betriebliche Prozesse bieten können. Sie ermöglichen es, große Mengen an Daten zu analysieren und wertvolle Erkenntnisse zu gewinnen, die zu einer verbesserten Patientenversorgung und optimierten Betriebsabläufen führen. Von der prädiktiven Analyse bis hin zur personalisierten Medizin – KI und Datenanalyse revolutionieren die Art und Weise, wie Gesundheitsdaten genutzt werden, und bieten das Potenzial für signifikante Fortschritte in der Medizin.
2. Automatisierung und Effizienzsteigerung durch Prozessdigitalisierung
Automatisierung repetitiver Aufgaben
Das Ziel der Prozessdigitalisierung im Gesundheitswesen ist die notwendige Automatisierung und Effizienzsteigerung, um die Qualität der Patientenversorgung zu verbessern und die Ressourcen optimal zu nutzen. Ein zentraler Aspekt dieser Bemühungen ist die Automatisierung repetitiver Aufgaben. Beispiele hierfür sind die Einführung der elektronischen Patientenakte (EPA) und automatisierte Terminplanungssysteme. Diese Technologien tragen erheblich zur Effizienzsteigerung bei, indem sie manuelle Prozesse reduzieren, Fehler minimieren und den Zugang zu wichtigen Patientendaten erleichtern. Durch die Automatisierung solcher Aufgaben können Krankenhäuser und Kliniken ihre Abläufe straffen und wertvolle Zeit sparen.
Automatisierung administrativer Aufgaben
Ein weiterer bedeutender Vorteil der Automatisierung ist die Minimierung administrativer Aufgaben. Durch den Einsatz digitaler Systeme und Werkzeuge kann das medizinische Personal von zeitaufwendigen bürokratischen Tätigkeiten entlastet werden. Dies ermöglicht es den Ärzten und Pflegekräften, sich verstärkt auf die direkte Patientenversorgung zu konzentrieren. Die gewonnene Zeit und Aufmerksamkeit können in die Diagnose, Behandlung und Betreuung der Patienten investiert werden, was zu einer höheren Behandlungsqualität und besseren Patientenergebnissen führt.
Gewährleistung einer patientenzentrierten Versorgung
Die Integration von Datenmanagement und Prozessdigitalisierung im Gesundheitswesen ist entscheidend, um das volle Potenzial disruptiver Technologien auszuschöpfen. Dies führt zu einer verbesserten Patientenversorgung, gesteigerter Effizienz und besserer Nutzung der verfügbaren Ressourcen. Ein effektives Datenmanagement gewährleistet, dass Daten zugänglich, sicher und von hoher Qualität sind, während die Prozessdigitalisierung die Automatisierung und Optimierung von klinischen und administrativen Prozessen ermöglicht.
Die Zukunft des Gesundheitswesens liegt in der intelligenten Nutzung und Integration moderner Technologien, um eine nachhaltige und patientenzentrierte Versorgung zu gewährleisten.