Über 200.000 Unternehmen mit 8 Millionen Beschäftigten und einem Gesamtumsatz von 2,9 Billionen Euro. Die Zahlen sind gewaltig und beschreiben die Industrie in Deutschland. Dabei ist die Industrie vielfältig – und steht hinsichtlich der aktuellen wirtschaftlichen Lage vor großen Herausforderungen. Von der Automobilindustrie über die Chemie- und Pharmaindustrie bis hin zur Textil- und Bekleidungsindustrie gibt es diverse Industriezweige. Daher ist es umso wichtiger, sich die Entwicklung der Industrie und die Industrietrends für 2025 anzuschauen.
Was verstehen wir unter Industrie?
Die Bundeszentrale für politische Bildung definiert die Industrie als einen „Bereich der gewerblichen Wirtschaft für die Gewinnung von Rohstoffen, die Bearbeitung und Verarbeitung von Rohstoffen und Halbfabrikaten, die Herstellung von Endprodukten sowie für Montage- und Reparaturarbeiten.“ Dabei kennzeichnen sich Industriebetriebe vorwiegend durch maschinelle Produktion, eine weitgehende Arbeitsteilung sowie eine Massenfertigung. Hieraus wird ersichtlich: Die Industrie ist unglaublich vielfältig. Daher unterscheidet das Statistische Bundesamt zwischen sechs verschiedenen Industriezweigen:
- Produzierendes Gewerbe
- Automobilindustrie
- Maschinenbau
- Chemie- und Pharmaindustrie
- Stahlindustrie
- Textil- und Bekleidungsindustrie
Im ersten Halbjahr 2024 sank die Produktion in der Industrie um über 5 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahreswert. Auch die industrielle Produktion von Konsumgütern ist mit einer Ausnahme seit Ende 2022 rückläufig. Diese Entwicklung der Industrie lässt sich auf nahezu jeden Industriezweig übertragen. Im verarbeitenden Gewerbe lag im Juli vergangenen Jahres die Auslastung mit 77,5 Prozent um 6 Prozentpunkte unter dem langfristigen Durchschnitt – zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des ifo ifo-Instituts.
Kurzfristig scheint keine Besserung in Sicht zu sein; denn auch für das Jahr 2025 blickt die Industrie aufgrund der wirtschaftlichen Lage besorgt in die Zukunft. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) rechnet mit einem weiteren Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,1 Prozent. Es wäre somit das dritte Rezessionsjahr in Folge für Deutschland.
Die Erklärungsansätze für die kriselnde Industrie sind vielfältig. Seien es Handelskonflikte, Kriege oder in der Vergangenheit hohe Inflationsraten. Peter Leibinger, Präsident des BDI, nennt auch die Bürokratie, hohe Energiepreise und einen Fachkräftemangel als Gründe. Vor dem Hintergrund der Herausforderungen und der Entwicklung der Industrie ist es umso bedeutender, die aktuellen Industrietrends im Blick zu behalten.

Industrietrend Nr. 1: Fachkräftemangel – KI als Lösung
Deutschland steckt mitten im demografischen Wandel. Jede zweite Person ist mittlerweile älter als 45 Jahre, jede fünfte sogar älter als 66 Jahre. Durch Zuwanderung hat sich die Bevölkerung zwar etwas verjüngt, trotzdem scheiden aus dem Arbeitsmarkt mehr Personen aus als nach kommen. Stand 2022 sind es 12,9 Millionen Erwerbspersonen in den nächsten 15 Jahren. Weltweit waren 2021 13,6 Prozent aller Beschäftigten in der verarbeitenden Industrie tätig.
Daher ist es nicht verwunderlich, dass auch in der Industrie ein Fachkräftemangel herrscht. Diesen gilt es aufzufangen. In diesem Zuge spielt die Investition in Technologien eine entscheidende Rolle, Industrie 5.0 das Stichwort. Während es bei der Industrie 4.0 um die Verschmelzung der realen mit der virtuellen Welt geht, steht im Fokus der Industrie 5.0 der Einklang von Mensch und Maschine sowie die Schaffung nachhaltiger und umweltfreundlicher Fertigungsprozesse. Bei der Entwicklung der Industrie rückt dabei Künstliche Intelligenz immer mehr in den Fokus. 2019 nutzte bereits mehr als jedes zehnte Industrieunternehmen KI. Der Anteil dürfte sich bis heute enorm gesteigert haben.
Effiziente Wissensnutzung durch KI
Doch welche Anwendungsbeispiele für KI als Industrietrend gibt es? Einfache Routinearbeiten, die die Mitarbeitenden in ihren Tätigkeiten unterstützen, können in vielen Bereichen bereits einen erheblichen Anteil an Zeitaufwand abnehmen. Wichtig hierbei ist das Überwachen und Kontrollieren der Daten, vor allem in sicherheitskritischen Bereichen, wie das Fraunhofer-IKS verdeutlicht. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) nennt im Impulspapier „Plattform Industrie 4.0“ Einsatzmöglichkeiten für KI in der Industrie.
- Automatische Qualitätskontrolle: Das System kann etwa durch Videoaufnahmen optische Fehler oder anderweitige Beschädigungen erkennen.
- Kategorisieren von Anfragen: IM Kundenservice können Anfragen je nach Kategorie einer Abteilung zugeordnet oder teilweise selbst beantwortet werden. Wünscht jemand lediglich eine Rechnung, den aktuellen Lieferstatus oder sind es inhaltlich tiefergehende Fragen?
- Erkennen von Fehlern und Wartungsbedarf: Anhand von Sensordaten kann festgestellt werden, ob eine Maschine geartet werden muss oder gar ein Fehler vorliegt. Auch kann die Arbeitssicherheit erhöht werden, indem das System Menschen in gefährlichen Bereichen erkennt.
Das Kunststoff-Institut Lüdenscheid zeigt dabei eine Möglichkeit des Umgangs mit KI als Industrietrend. Rund 15.000 Prüfberichte können mit dem d.velop pilot nun nach Inhalten durchsucht werden. Vorhandenes Wissen kann somit effizient abgerufen werden. Wie der Weg hin zum d.velop pilot war und wie diese funktioniert, erklärt unter anderem Jörg Günther, Geschäftsführer der KIMW Prüf- und Analyse GmbH.
Industrietrend Nr. 2: Prozesse nachhaltig denken
Festgefahrene Prozesse und Strukturen können ein echter Zeitfresser bei der Entwicklung von Industrieunternehmen sein. Vor allem die Nachhaltigkeit spielt beim Neudenken der Prozesse eine zentrale Rolle. Demnach verbringen laut einer Studie von Kyocera Mitarbeitende um die zwei Stunden täglich beim Suchen von Dokumenten. Büroangestellte in Deutschland und Österreich arbeiten zu lediglich 4 Prozent papierlos und bei unter der Hälfte der Unternehmen (45 Prozent) wird dieses Thema aktiv verfolgt. Hinzu kommt: Die Industrie ist sehr energieintensiv; und sollte niemanden überraschen, wenn die Verarbeitung von Stahl, Kunststoff oder Zement zentrale Materialien darstellen. Bis 2050 soll der Verbrauch um den Faktor zwei bis vier ansteigen. Zusammengerechnet ist die Industrie derzeit für rund 40 Prozent der globalen Kohlendioxidemissionen verantwortlich.
Daher ist es umso wichtiger, darüber zu diskutieren, wie die Industrie ihrer Verantwortung gerecht werden kann. Das Thema der Nachhaltigkeit als Industrietrend muss von oben gedacht werden, einer klaren Strategie folgen und ist entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu verstehen. Im Rahmen der 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung der Industrie der Vereinten Nationen – Sustainable Development Goals (SDGs) – fällt ein Ziel besonders ins Auge. Gemeint ist SGD9: Industrie, Innovation und Infrastruktur. Mit diesem Ziel soll eine widerstandsfähige Infrastruktur aufgebaut, breitenwirksame und nachhaltige Industrialisierung gefördert sowie Innovationen unterstützt werden.

Maßnahmen für Industrieentwicklung
Um dieses Ziel – für eine positive Entwicklung der Industrie – zu erreichen, gibt es zwei Ebenen. Zum einen müssen auf europäischer bzw. globaler Ebene Handlungen erfolgen. Zum anderen sind die Unternehmen selbst in der Pflicht. Deutschland fördert – gemeinsam mit Partnern – den Ausbau einer nachhaltigen Infrastruktur, um die Rahmenbedingungen für Industrieunternehmen zu schaffen. Konkret ist hier die Partnership for Global Infrastructure and Investment (PGII) zu nennen, in dessen Rahmen bis 2027 300 Milliarden Euro für Investitionen mobilisiert werden sollen; vor allem, um im Globalen Süden den Ausbau der Infrastruktur voranzutreiben. Zudem erwähnt das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) auf ihrer Website die Unterstützung zur „Verbesserung der ländlichen Infrastruktur für eine bessere Energieversorgung und den Anschluss an Wissensnetzwerke und Absatzmärkte.“ Auch der Bürokratieabbau kann Prozesse verschlanken und Kosten für Unternehmen senken. Mit dem Vierten Bürokratieentlastungsgesetz ist ein Anfang gemacht worden. Kritik von den Unternehmen kommt trotzdem. „Beim Bürokratieabbau bleibt ein langer Wunschzettel“ titelt die Tagesschau, „Bürokratie: Gefürchtet und unbeliebt“ schreibt der Deutschlandfunk. Hier kann – aus Sicht der Unternehmen – mit dem Bürokratieentlastungsgesetz nur der Startschuss gefallen sein.
Nachhaltigkeit in der Wertschöpfungskette
Unternehmen selbst können an sämtlichen Teilen der Wertschöpfungskette ansetzen und so bei der Entwicklung der Industrie ihren Teil für den Industrietrend der Nachhaltigkeit beitragen. Von der Materialbeschaffung über Produktionsabläufe bis hin zur Auslieferung ist Nachhaltigkeit oft auch mit Kostenreduktion zu vereinbaren. Das Verkürzen von Lieferketten, der Einsatz smarter Technologien und erneuerbarer Energiequellen und die Verwendung nachhaltiger Transportmittel sind erste Ansätze hierfür. „Wie können Ressourcen durch den Einsatz intelligenter Maschinen optimal genutzt werden?“ kann hier eine Frage lauten. Hierdurch wird deutlich, wie sehr die einzelnen Trends miteinander verzahnt sind; schlägt diese Frage wieder den Bogen zum ersten Trend und den Einsatz von KI. Die Basis für einen ganzheitlichen sowie nachhaltigen Prozess können Unternehmen durch ein digitales Dokumentenmanagement-System schaffen. Zentralisiert kann auf sämtliche Dokumente jederzeit und von überall aus zugegriffen werden. Mit digitalen Aktenstrukturen, einem Vorlagenmanagement oder dem vereinfachten Suchen von Dokumenten kann viel Zeit eingespart werden. Die D+H Mechatronic reduzierte mit dem Schritt in die Cloud interne Aufwände um 70 Prozent. Welche zentralen Funktionen ein Dokumentenmanagement abdeckt, wird im nachfolgenden Video erklärt:
Industrietrend Nr. 3: Bindung von Mitarbeitenden
Durch den demografischen Wandel sowie den damit verbundenen Fachkräftemangel erschwert sich in der Entwicklung der Industrie für Unternehmen das Finden von neuen Fachkräften und das Besetzen offener Stellen. Daher ist es umso wichtiger, dass bestehende Mitarbeitende im Unternehmen gehalten werden.
Steigen wir tiefer in die Thematik des Industrietrends ein: Mitarbeiterfluktuation ist hier das Schlüsselwort; und diese kann für ein Unternehmen teuer werden. Im Laufe der Zeit entwickelt sich die Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitenden, Abläufe werden so verbessert und Wissen aufgebaut. Wissen, welches beim Ausscheiden eines Mitarbeitenden nur schwer zu ersetzen ist. Die dann offene Stelle neu zu besetzen, kostet Geld. Dabei kommen mehrere Faktoren zusammen. Ein Kostenpunkt entsteht durch administrative Tätigkeiten durch den Weggang des Mitarbeitenden. Anschließend fallen Recruitingkosten an, Stellenanzeigen müssen geschaltet werden. Auch wenn die vakante Stelle besetzt ist, war es das noch nicht. Es kommen Einarbeitungskosten hinzu. Eventuell hat der neue Mitarbeitende auch höheres Gehalt verhandelt. Nicht zu vergessen sind außerdem die Opportunitätskosten. Neue Mitarbeitende müssen sich einarbeiten, Wissen aufbauen sowie Prozesse und Abläufe verstehen. Alle diese Faktoren behindern die Entwicklung der Industrie.
Erfolgreiche Bindung der Mitarbeitenden
Zahlen und Statistiken für die Neubesetzung einer Stelle schwanken, von Kosten zwischen 90 und 150 Prozent des Jahresgehalts ist die Rede. Vereinheitlichen lässt es sich ohnehin nicht. Dafür ist die Position, die Tätigkeit und das Wissen jedes einzelnen Mitarbeitenden zu unterschiedlich. Trotzdem wird deutlich: Eine erfolgreiche Bindung von Mitarbeitenden ist in vielerlei Hinsicht kosten- und auch nerven sparender. Doch was ist nun für den Industrietrend einer erfolgreichen Bindung der Mitarbeitenden wichtig? Eine Studie von IBE und Hays kommt dabei zu folgenden Ergebnissen:
- Betriebsklima wird als wichtigster Bindungsfaktor beschrieben. Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, die Beteiligung am Unternehmenserfolg sowie der offene Umgang mit kritischen Themen fallen hierunter.
- Entlohnung: Für Mitarbeitende ist eine nicht passende Bezahlung der häufigste Grund dafür, das Unternehmen zu verlassen. Eine adäquate Entlohnung ist daher selbstredend.
- Flexible Arbeitszeiten und Work-Life-Balance werden für Mitarbeitende bei der Betrachtung des Arbeitgebers immer wichtiger.
- Emotionen: Auch die emotionale Verbundenheit mit dem Unternehmen darf nicht unterschätzt werden. Nur jeder Dritte verlässt das Unternehmen aus pragmatischen Gründen. Das sollte aufhorchen lassen und die Relevanz von Emotionen verdeutlichen.
- Gute Führung wird unterschätzt! Das Anerkennen von Leistungen oder ein fairer Umgang sind dabei entscheidend.
Industrietrend Nr. 4: Cybersicherheit
Last, but not least: Cybersicherheit als Industrietrend! In einer weit vernetzten Welt wickeln wir nahezu alles digital ab. Dadurch können wir jederzeit und von überall auf unsere Daten zugreifen und diese mit anderen teilen. Dies bringt allerdings auch Verantwortung mit sich. Denn die Daten müssen auch geschützt werden, Cybersicherheit wird daher immer wichtiger.
Die Angriffe steigen von Jahr zu Jahr, wie eine Studie von Bitkom zeigt. Von August 2023 bis August 2024 waren rund 81 Prozent aller Unternehmen von physischem, digitalem Diebstahl, Industriespionage oder Sabotage betroffen. 2023 lag die Quote noch bei 72 Prozent. Betroffen sind dabei sowohl kleine Unternehmen, große Konzerne, aber auch staatliche Einrichtungen oder Krankenhäuser. Erschreckend dabei: Fast zwei Drittel (65 Prozent) der Unternehmen fühlen sich durch Cyberangriffe in ihrer Existenz bedroht und nur 53 Prozent glauben, man sei auf einen Cyberangriff optimal vorbereitet.

Dabei haben Unternehmen das Risiko und die Notwendigkeit der Investition längst erkannt. Laut des PwC „Global Digital Trust Insights 2025“ steht das Bekämpfen von Cyberrisiken 2024 bei Unternehmen an erster Stelle. 2023 lag die Bekämpfung von Cyberrisken noch hinter der Inflation sowie den geopolitischen Risiken.
Jedes Unternehmen muss dabei wissen, welche Art von IT-Infrastrukturdaten geschützt werden müssen. Hierüber haben 63 Prozent der Unternehmen noch keinen Gesamtüberblick. Zusätzlich planen 72 Prozent der Unternehmen in Deutschland eine Budgeterhöhung für die eigene Cybersicherheit. Aber egal, wie gut die Sicherheitsmaßnahmen sind, können diese nur so effektiv sein wie die Menschen, die sie umsetzen. Schulungen und Bewusstseinsbildung für Mitarbeitende sind entscheidend, um sicherzustellen, dass alle in der Lieferkette die Bedeutung von Cybersicherheit verstehen und aktiv zur Sicherheit dieses Industrietrends beitragen.
Die Entwicklung der Industrie beeinflussen
Nicht jeden Industrietrend können Unternehmen uneingeschränkt beeinflussen, beispielsweise, wenn es um politische Einflussfelder oder geopolitische Konflikte geht. Die vom Präsidenten des BDI angeprangerte zu hohe Bürokratielast für Industrieunternehmen in Deutschland ist dabei nur bedingt beeinflussbar. Gleiches gilt für den Krieg in der Ukraine oder Lieferkettenengpässe aufgrund von politischen oder sonstigen Spannungen.
An sämtlichen Aspekten innerhalb des Unternehmens kann jedoch sehr wohl gearbeitet werden. Die Bereitschaft für einen Wandel ist dabei eine der wichtigsten Voraussetzungen. Veränderungen können dabei von kleineren Anpassungen bis hin zu umfassenden Strukturveränderungen reichen. Die Einbindung von KI, das Überdenken von Prozessen hinsichtlich Ganzheitlichkeit und Nachhaltigkeit, die Bindung der Mitarbeitenden und die Cybersicherheit sind dabei eine Auswahl an Industrietrends, an denen gearbeitet werden kann.